Limesmuseum

Alles auf Anfang – Das neue Limesmuseum Aalen

Vom 2. Jh. n.Chr. bis in die Gegenwart: Nach dreijähriger Umbauphase hat das Limesmuseum Aalen wieder seine Türen und ­Tore geöffnet. Es lädt dazu ein, das militärische und zivile Leben der ­Römer und Germanen am Limes neu zu entdecken und sich dem Thema Grenzen auf vielfältige Weise zu nähern.

Von Annine Fuchs, AiD-Redakteurin, Stuttgart
Zum Museum

Dort, wo vor 1800 Jahren das ehemals größte römische Reiterkastell nördlich der Alpen lag, befindet sich heute etwa 70 km östlich von Stuttgart das zentrale Museum am UNESCO-Welterbe »Obergermanisch-Raetischer Limes«. Nicht weniger als 1000 Soldaten fanden hier mitsamt ihrer Pferde Platz und es entstanden Zivilsiedlungen im Osten und Süden des Kastells. Darüber, wie diese Menschen lebten, warum sie überhaupt erst hierherkamen und wie vielseitig die Funktionen und Wirkungen von Grenzen bis in die Gegenwart hinein sind, berichtet das Limesmuseum Aalen mit seiner auf zwei Stockwerken verteilten, 1500 m2 großen und gänzlich neu konzipierten Dauerausstellung und dem angrenzenden Freigelände.
Seit der Gründung des Museums im Jahr 1964 hat sich hier vieles verändert. Und so folgte 1986 auf eine erste Erweiterung um die Ergebnisse der archäologischen Grabungen entlang des Limes in den späten 1970er und frühen 80er Jahren der Ausbau des umliegenden Freigeländes mit den baulichen Überresten des römischen Reiterkastells. Mit der Auszeichnung des 550 km langen Obergermanisch-Raetischen-Limes zum UNESCO-Welterbe 2005 kam schließlich die Teilrekonstruktion ­einer römischen Reiterkaserne hinzu, und auch die Rolle des Hauses veränderte sich vom regionalen Spezialmuseum hin zu dem zentralen Informationszentrum des Welterbes in Baden-Württemberg. Nun, nach fast dreijähriger Umbauzeit und ­Gesamtkosten von ca. 8,5 Mio. Euro ist das gesamte museale Konzept laut seinen ­Machern wieder »auf Anfang gesetzt«.

Facetten des Lebens im Grenzgebiet

Wer heute den Weg ins Limesmuseum Aalen gefunden hat, spaziert über den neu gestalteten Vorplatz, vorbei an den rekonstruierten Mauern des linken Seitentors des einstigen Reiterkastells bis hin zu einem Foyer, das Zutritt in alle Bereiche des Museums gewährt.
Im unteren eher dunkel gehaltenen Stockwerk führt der Weg durch das Leben am Limes im 2. und 3. Jh. n.Chr. Große beeindruckende Wandbilder setzen die präsentierten Einzelfunde in Szene, mithilfe derer die Entwicklung und Dimension des Römischen Reiches, seine Herrschaftsideologie und das Verständnis von Grenzen sowie das Verhältnis und die Unterschiede zu den benachbarten Germanen vermittelt werden. Lebensgroße Protagonisten – insgesamt sieben an der Zahl – sind hier neben den Vitrinen aufgestellt. Sie alle sind namenhaft überliefert und ­ihre Geschichten erzählen vom militärischen wie auch dem zivilen Alltag im römischen Aalen vor 1800 Jahren. Neu hinzugekommen sind in diesem Zusammenhang auch die zahlreichen Funde, die im vergangenen Jahrzehnt im Bereich des Aalener Kastelldorfs geborgen und seither restauriert werden konnten. Einen ganz besonderen Stellenwert in der Ausstellung erfährt selbstverständlich die römische Reiterei – repräsentiert durch eine breite Sammlung, angefangen von Einzelteilen des Pferdegeschirrs bis hin zu den beeindruckenden Paradehelmen der Soldaten.
Eine weitere Neuheit im Museum ist der eigens für Sonderausstellungen konzipierte Bereich im Obergeschoss, in dem fortan immer mal wieder kleine Schauen gezeigt werden sollen. Den Startschuss gibt hier seit der Wiedereröffnung und bis einschließlich 29. September 2019 die Sonderausstellung »Zwischen Kastell und Stadt – Aalen nach den Römern«. Hierauf wird voraussichtlich im Frühjahr 2020 die nächste Ausstellung folgen.

Über den Tellerrand hinaus

Nach diesem Gang durch die Römerzeit führt der zweite Teil der Ausstellung zurück ins Hier und Jetzt. Denn der Limes erstreckte sich im heutigen Baden-Württemberg einst über 164 km und seine Spuren sind vielerorts noch immer sichtbar. Anders als im unteren Stockwerk führt hier der Weg nicht mehr durchs Dunkel, sondern das Obergeschoss erwartet die Besucher lichtdurchflutet und mit viel Raum. Nicht ohne Grund, denn um das Ausmaß wie auch die außergewöhnliche Bedeutung des Welterbes zu veranschaulichen, finden hier die baulichen Überreste 14 ausgewählter Orte in großformatigen Foto-Kollagen und Rekonstruktionszeichnungen an den Wänden ihren Platz. Gezeigt wird hauptsächlich die letzte Ausbaustufe des Limes und die Vielfältigkeit seiner Funktion, denn neben dem rein militärischen Zweck diente er u.a. auch dem kontrollierten Warenaustausch.
Doch der Blick reicht noch weiter als das: Der Limes wird hier nicht nur seiner selbst wegen betrachtet, sondern auch anderen Grenzformen gegenübergestellt, die bis in die Gegenwart hineinreichen. Und so ermöglicht sich dem Besucher die Auseinandersetzung mit den verschiedensten Aspekten von Grenzen – angefangen von ihrem Zweck über ihre Funktion bis hin zu ihrer Wirkung.

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Ob zu Fuß, mit der Museumsbahn oder im außerschulischen Lernort – in und um Aalen gibt es viel zu entdecken.

Lebendiges Museum

Um möglichst allen Altersklassen und Bevölkerungsgruppen einen Mehrwert bieten zu können, fehlt es im Limesmuseum Aalen nicht an Mitmachaktionen. Zu nennen sind hier z.B. ein Prospektionsflug entlang des Limes, aber auch andere Forscheraktivitäten wie die Lesung lateinischer Inschriften, Detailansichten von Reliefs oder auch ein virtueller Rundgang durch das Stabsgebäude des Aalener Kastells.
Darüber hinaus gibt es viel Gelegenheit dazu, sich mit dem Leben in der ­antiken Welt auseinanderzusetzen. So können u.a. verschiedenste römische Kleidungsstücke – angefangen von der Tunika bis hin zum Reiterhelm – und so manches römische Spiel an- bzw. ausprobiert werden. Und auch für jene, die sich lieber im Freien aufhalten, gibt es einiges zu entdecken. Denn der umliegende Archäologische Park, der sich über dem mittleren Teil des ehemaligen Kastells erstreckt, gibt die Möglichkeit, so manchen freigelegten baulichen Überrest in situ zu bestaunen. Zudem warten dort die Teilrekonstruktionen des ehemaligen Stabsgebäudes sowie einer Mannschaftsbaracke, die auf Grundlage der Ausgrabungen im Kastell Heidenheim basiert, darauf, entdeckt zu werden. Und es gibt einen hölzernen römischen Baukran sowie eine Reihe von Nachbildungen bedeutender Weihreliefs und Statuen, die entlang des Rundwegs aufgestellt sind.
Eine besondere Rolle nehmen in diesem Zusammenhang auch die Internationalen Römertage ein, die im Regelfall alle zwei Jahre auf dem historischen Kastellgelände stattfinden. Dort kommen ­Legionäre und Reiter, Handwerker und Händler, Gladiatoren und Musiker zusammen, um den römischen Alltag wieder aufleben zu lassen. Neben Demonstrationen von Kampftechniken und verschiedensten handwerklichen Vorführungen gibt es an diesen Tagen ebenfalls Marktstände und Tabernen mit exklusiven römischen Speisen und ein umfangreiches Aktionsangebot für alle Altersklassen.

In den Fußstapfen der Römer und darüber hinaus

Doch das Leben der Römer lässt sich in Aalen längst nicht nur im Museum ergründen. Wer ohnehin schon hier ist, sollte sich auf gar keinen Fall die Deutsche Limes-Straße oder den dazu fast parallel verlaufenden Limes-Radweg entgehen lassen. Denn diese führen beide von Bad Hönningen am Rhein aus kommend bis hin nach Passau an der Donau an unzähligen bedeutenden römischen Denkmalen, wie auch dem Limesmuseum selbst, vorbei. In unmittelbarer Nähe liegen hier beispielsweise der Limespark Rainau am Stausee Rainau-Buch oder das Römerkastell Böbingen.
Wer es hingegen lieber etwas entspannter mag, findet Erholung in den örtlichen Limes-Thermen oder in den luftigen Höhen des Aalbäumle Aussichtsturms, auf dessen Plattform man mit einem Panoramablick belohnt wird. Und selbst auf Dinosaurier oder Technik muss man in Aalen nicht verzichten, warten doch im Urweltmuseum und dem Explorhino Science Center Spaß und Spannung für Groß und Klein.

Spuren der Römer in modernem Ambiente. Foto: A. Thünker, DGPh, Bonn

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Obwohl in Bonn eines der am besten erhaltenen Legionslager nördlich der Alpen liegt, ist der römische Ursprung der Stadt kaum zu fassen. Welches Potential an Orientierung und Erinnerung römischen Denkmälern innewohnt, wird erst an einem geschichtsträchtigen Ort – dem ehemaligen Bundesviertel im Ortsteil Gronau – deutlich.