Winziger Sensationsfund im Neumarkter Hochtal entdeckt

Neumarkter Hochtal
Die kleine Glasperle gleich nach der Auffindung, Foto: Historischer Arbeitskreis Neumarkter Hochtal. Foto: Historischer Arbeitskreis Neumarkter Hochtal

Das Neumarkter Hochtal bleibt durch die Initiative des Historischen Arbeitskreises Neumarkter Hochtal weiterhin im Fokus der archäologischen Forschung in der Steiermark. Die Beobachtungen, die Mitglieder des Arbeitskreises beim Bau eines Wohnhauses in Oberdorf machten, führten die Archäologinnen und Archäologen der Universität Graz und des Universalmuseums Joanneum zu einer bisher unbekannten bronzezeitlichen Fundstelle beim Dürnberger Moor. Durch die diesjährige Grabung konnte die prähistorische Besiedelung des Areals nachgewiesen werden. Sensationell ist der Fund einer winzigen durchbohrten Glasperle – exklusive Stücke wie diese waren in der Bronzezeit besonders wertvoll und nur einer gehobenen Bevölkerungsschicht zugänglich.

Führende steirische archäologische Forschungseinrichtungen, das Institut für Antike der Universität Graz und die Abteilung Archäologie & Münzkabinett am Universalmuseum Joanneum, setzten in diesem Sommer nach einer Grabung im Jahr 2017 erneut den Spaten in Neumarkt an. Im Rahmen einer Lehrgrabung für Studierende der Universität Graz wurden einige potenzielle archäologische Fundstellen in der Umgebung von Neumarkt unter die Lupe genommen. Die Beobachtungen von Viktoria Thanner und Ingrid Göglburger (Historischer Arbeitskreis Neumarkter Hochtal) beim Bau eines Wohnhauses und die Aufsammlung von Zufallsfunden auf den naheliegenden Äckern in Oberdorf bei Mariahof im steirischen Murau führten die Archäologinnen und Archäologen auf die Spur einer bronzezeitlichen Siedlung.

Die Auffindung der Fundstelle

Bereits im Jahr 2015 startete die Abteilung Archäologie & Münzkabinett am Universalmuseum Joanneum die Zusammenarbeit mit dem Historischen Arbeitskreis Neumarkter Hochtal, der sich für die archäologische Erforschung des Gebiets einsetzt. Nach der Ersterfassung der Fundstellen im Neumarkter Hochtal, die in einer Studie mündete, führten die Partner in Zusammenarbeit mit den Instituten für Archäologie und Alte Geschichte der Universität Graz im Jahr 2017 eine geophysikalische Vermessung und eine archäologische Grabung auf dem Linder Feld durch.

Die Verlegung eines Wasserkanals in Oberdorf unweit des bekannten Dürnberger Moors brachte 2019 einige prähistorische Scherben zum Vorschein, die dem Grabungsleiter Marko Mele (Universalmuseum Joanneum) zur Bestimmung vorgelegt wurden. Zusätzlich wurde eine dunkelgraue Schicht im Profil des Grabens beobachtet. Die Zufallsfunde, die alle derselben Epoche zugeordnet werden konnten, die Beobachtung des Befundes im Graben und die Zufallsfunde auf den umliegenden Äckern führten zur Vermutung, dass dort eine archäologische Fundstelle liegen könnte. Deshalb wurde die urgeschichtliche Lehrgrabung des Instituts für Antike der Universität Graz im Jahr 2020 erneut ins Neumarkter Hochtal verlegt.

Archäologische Grabung beim Dürnberger Moor

Die Untersuchung des großen Areals, auf dem die Funde aufgesammelt wurden, stellte eine Herausforderung dar. Um einen ersten Einblick in die Fundstelle zu bekommen, legte das Grabungsteam sechs Grabungsschnitte von 1 m2 quer über das Siedlungsplateau. Drei davon deuteten ab einer Tiefe von rund 30 cm auf archäologische Befunde hin. Deshalb wurden diese kleinen Schnitte auf 9 bzw. 6 m2 erweitert. Die Erweiterungen erbrachten den klaren Nachweis einer prähistorischen Besiedlung des Areals. Unter dem Humus konnten mehrere Siedlungsgruben, Pfostenlöcher, Steinschlichtungen und eine Feuerstelle dokumentiert werden. Die kleinen Keramikfunde ermöglichten eine erste Datierung in die Bronzezeit (2.300–800 v. Chr.). Eine genauere Datierung der Fundstelle kann erst auf Basis der restaurierten Funde und Radiokarbonuntersuchungen der Holzkohle erfolgen.

Ein Sensationsfund, wo man ihn am wenigsten erwartet 

Den 5. August 2020 wird Ingrid Göglburger wahrscheinlich nie vergessen. An diesem Tag ist allen Grabungsteilnehmern fast das Herz stehen geblieben, als sie über das Feld rief: „Ich habe eine Perle gefunden!“ Am selben Tag untersuchte ein Teil des Grabungsteams die Überreste eines prähistorischen Gebäudes und war dabei, die Fundamente freizulegen. Die sorgfältige Arbeit und die Adleraugen von Ingrid Göglburger erbrachten den Sensationsfund: eine winzige durchbohrte Perle aus Glas. Was heutzutage nichts Ungewöhnliches ist, war vor 3.500 Jahren ein kleiner Schatz. Zu dieser Zeit produzierte man im Libanon, in Syrien, Mesopotamien und Ägypten Glas. In Mitteleuropa wurden aus Glas nur kleine Perlen hergestellt, die in der Bronzezeit als Raritäten galten und hauptsächlich als Schmuck- und Trachtbestandteil Verwendung fanden. Die exklusiven Stücke wurden meistens in reich ausgestatteten Gräbern niedergelegt, wodurch ihre Bedeutung als besonders wertvolle Kostbarkeiten, die einer gehobenen Bevölkerungsschicht vorbehalten waren, noch deutlicher wird. Mit der Aufarbeitung der Grabungsbefunde und zusätzlichen Analysen im Universalmuseum Joanneum werden weitere Erkenntnisse zur Bronzezeit in der Steiermark erwartet.

Nach Pressemeldung des Universalmuseum Joanneum