Förderstedt: Bilanz der Ausgrabungen im Kalksteintagebau

Gräber und Siedlungsspuren aus Jungstein- und Bronzezeit

Förderstedt
Mittelbronzezeitliche Körperbestattung mit Bronzeschmuck und Gefäßbeigabe. © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Marcel Rodens.

Im Vorfeld der Erweiterung des Kalksteintagebaus Förderstedt durch die CIECH Soda Deutschland GmbH & Co. KG führt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (LDA) auch in diesem Jahr archäologische Ausgrabungen bei Förderstedt durch. Bereits im Frühjahr 2020 erfolgten auf der Erweiterungsfläche von insgesamt 8 Hektar erste Untersuchungen zur Qualifizierung und Quantifizierung der im Boden erhaltenen Kulturdenkmale. Seit Mitte Juni 2020 finden auf einer Fläche von insgesamt etwa 15.000 Quadratmetern archäologische Ausgrabungen statt. Das fünfköpfige Grabungsteam erfasste dabei rund 100 Befunde, die insbesondere aus der ausgehenden Jungsteinzeit (ungefähr 2800 bis 2050 vor Christus) sowie der Mittelbronzezeit (ungefähr 1550 bis 1250 vor Christus) stammen.

Das Gelände auf einem Plateau über dem Tal des nur etwa einen Kilometer entfernt liegenden Flusses Bode ist für eine vorgeschichtliche Besiedlung geradezu prädestiniert. Dies bestätigen die archäologischen Ausgrabungen, die im Tagebauvorfeld bereits seit 2011 hier durchgeführt wurden. Sie erbrachten schon vor dem aktuellen Untersuchungszeitraum rund 20 Bestattungen der jungsteinzeitlichen Schnurkeramischen Kultur (ungefähr 2800 bis 2200 vor Christus) sowie Siedlungsspuren und ein sogenanntes »pit alignment«, eine Grubenreihe, die vermutlich aus der späten Bronze- bis frühen Eisenzeit (etwa 1200 bis 450 vor Christus) stammt und der Gliederung der Landschaft diente.

Während der laufenden Untersuchungen wurde eine Fortsetzung dieses »pit alignments« angetroffen. Sie bestand aus etwa 30 langrechteckigen Gruben sowie zwei davon abgehenden Gräben. Ebenfalls im aktuellen Untersuchungszeitraum wurde eine weitere Grabgruppe aus sieben Gräbern der Schnurkeramischen Kultur (ungefähr 2800 bis 2200 vor Christus) aus der ausgehenden Jungsteinzeit dokumentiert. Teilweise wiesen die Gräber Steineinbauten auf und waren reich mit Gefäßen, Feuersteinklingen und durchlochten Hundezähnen ausgestattet. Daneben ist die Entdeckung zweier Grabhügel aus der mittleren Bronzezeit (etwa 1550 bis 1200 vor Christus) von Bedeutung. Sie wiesen jeweils einen Durchmesser von etwa 14 Metern auf. Im Inneren eines der Grabhügel wurde eine Zentralbestattung mit Steinplattenabdeckung angetroffen, in dem anderen insgesamt fünf Körpergräber in Ost-West-Ausrichtung. Drei dieser Gräber enthielten Bronzebeigaben in Form von Arm- und Beinschmuck sowie kleinen Spiraldrahtringen. Eine Pfostenreihe aus zwölf mächtigen Pfosten steht eventuell mit einem der Grabhügel in Verbindung. Unter den übrigen Befunden, die in diesem Jahr dokumentiert wurden, sind neben einem Brandgrab der späten Bronzezeit (etwa 1200 bis 750 vor Christus) sowie 22 Siedlungsgruben unklarer Zeitstellung zwei massive, teils aus großen Kalksteinplatten bestehende Steinpackungen, bei denen es sich vermutlich um Gräber der Schnurkeramischen Kultur oder der späten Bronzezeit handelt.

Die aktuellen Ausgrabungsergebnisse bestätigen die bisherigen Beobachtungen zur Nutzung und Bedeutung des Geländes in vorgeschichtlicher Zeit und fügen ihnen neue wichtige Facetten hinzu. So wurden in diesem Jahr in Gestalt der beiden Grabhügel erstmals bronzezeitliche Befunde angetroffen, die belegen, dass das Gebiet über das Ende der Jungsteinzeit hinaus als Bestattungsplatz genutzt wurde. Die reich verzierten Gefäße der jungsteinzeitlichen Schnurkeramischen Kultur (2800 bis 2200 vor Christus) zeigen Einflüsse der zur gleichen Zeit weiter im Norden beheimateten Schönfelder Kultur und weisen damit auf einen Austausch zwischen beiden Kulturen hin, deren Verbreitungsgebiete sich an der Bode trafen.

Die kontinuierlichen Ausgrabungen auf den Erweiterungsflächen des Kalksteintagebaus Förderstedt werden in enger, vorbildlicher Zusammenarbeit und mit großer Unterstützung der CIECH Soda Deutschland durchgeführt. Sie ermöglichen es, ein immer vollständigeres Gesamtbild der Siedlungsstrukturen dieser Mikroregion in vorgeschichtlicher Zeit zu gewinnen.

Nach Pressemeldung des Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

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