Hamburg: Abgeschossen und versenkt

Bei einer routinemäßig durchgeführten Sichtkontrolle auf Kampfmittel entdeckte ein aufmerksamer Mitarbeiter des Seilgreifbaggers »Modi« im Baggergut ein hantelförmiges Objekt aus Gusseisen, das sich als Stangenkugel entpuppte. Die Fundstelle liegt in der Billwerder Bucht und damit östlich des heutigen Hamburger Hafengebiets, das von den Containerschiffen angefahren wird. Die Billwerder Bucht war ursprünglich ein Nebenarm der Norderelbe im Stromspaltungsgebiet mit vielen Werdern, die bis auf Wilhelmsburg ihren Inselcharakter verloren haben und dem Hafenausbau zum Opfer gefallen sind.

Hamburg
Hamburg. Neuzeitliche Stangenkugel aus der Billwerder Bucht. Foto: M. Altun, AHM.

Bei der Stangenkugel mit einer Länge von 30,82 cm handelt es sich um die Sonderform eines Artilleriegeschosses aus zwei Kanonenkugeln mit einem Durchmesser von jeweils 10,5 cm, die durch ­eine Stange von rundem Querschnitt miteinander verbunden sind. Beide Kugeln zeigen mittig eine Gussnaht. Das Gewicht der Stangenkugel beträgt knapp über 10 kg.

Stangenkugeln wurden seit dem 17. Jh. bis in das frühe 19. Jh. als Teil der Artillerie auf Kriegsschiffen eingesetzt. Man setzte sie zu Beginn eines Angriffs auf See ein, um Masten und Takelage der feindlichen Schiffe zu zerstören und ihre Manövrierfähigkeit einzuschränken. Archäologische Funde von Stangenkugeln sind äußerst selten. Man kennt Funde aus der 1628 gesunkenen Wasa und dem Wrack des schwedischen Flaggschiffes Prinzessin Hedwig, das 1715 in der Kieler Förde auf Grund gesetzt wurde, hier allerdings mit halbkugeligen bzw. scheibenförmigen Enden.

Die Stangenkugel fügt sich gut in das bekannte Repertoire an Baggerfunden aus der Elbe ein. So konnten unweit der Fundstelle eine Flügellanzenspitze und ein Schwert aus der Billwerder Bucht geborgen werden. Darüber hinaus wurden elbabwärts beim Ausbaggern von Hafenschlick zwei steinerne Kanonenkugeln entdeckt und in Höhe des Köhlbrandes und bei Wittenbergen aus hölzernen Wracks Kanonen und gusseiserne Stachelkugeln geborgen.

Von welchem Schiff und bei welchem Ereignis die Stangenkugel abgeschossen und versenkt wurde, bleibt unbekannt. Nicht auszuschließen ist, dass sie von einem der bekannten Konvoischiffe von 1669 bis 1747 stammt, die zeitweise zur Sicherung des Hamburger Hafens als Wachtschiffe auf der Elbe ihren Dienst taten. 

| E. Först, Archäologisches Museum Hamburg/Helms-Museum, Abteilung Bodendenkmalpflege

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