Dippoldiswalde: Mittelalterliche Bergstadt in 3D

Die animierte 3D-Rekonstruktion basiert auf den gemeinsamen Ergebnisse der langjährigen Forschungen der Montanarchäologen des Landesamtes für Archäologie Sachsen sowie tschechischer Kollegen. In einer Flugsimulation über die in die hügelige Landschaft des Osterzgebirges eingebettete Bergstadt Dippoldiswalde erlebt der Betrachter, unter welchen Bedingungen die Bewohner einer „Boomtown des Silberrausches“ im hohen Mittelalter gelebt und gearbeitet haben. Denn nicht nur die einzigartigen Silberbergwerke von Dippoldiswalde, sondern auch der Einfluss des Bergbaus auf siedlungs-, kultur- und wirtschaftshistorische sowie landschafts- und umweltgeschichtliche Entwicklungen stehen im Fokus der Montanarchäologie.

Nach der Entdeckung erster Silbererzvorkommen entstanden im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts überall dort Bergbausiedlungen und Bergstädte, wo sich reiche Erzlagerstätten fanden. Diese wurden entweder neu gegründet oder entwickelten sich aus beziehungsweise parallel zu bereits bestehenden agrarischen Siedlungen. Die Bergstadt Dippoldiswalde geht auf ein solches Waldhufendorf zurück, das nur wenige Jahre zuvor von bäuerlichen Siedlern im Auenbereich der Weißeritz gegründet worden war. Als auf den gegenüberliegenden Talhängen reiche Silbererzgänge gefunden wurden, entstand dort spätestens um 1170/1180 zunächst eine weitläufige Bergbausiedlung, wobei aufgrund bergrechtlicher Freiheiten keine Rücksicht auf bereits vorhandene Felder oder Acker genommen wurde. Mit dem wirtschaftlichen Niedergang des Edelmetallbergbaus fielen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in ganz Mitteleuropa die meisten dieser auf den Wirtschaftsfaktor Bergbau fokussierten Standorte wüst.  Dippoldiswalde, das „Tor des Osterzgebirges“ hatte sich da bereits zu einem Nahmarktort weiterentwickelt, der die Dörfer in der Umgebung und im Osterzgebirge versorgte.

Dippoldiswalde im Jahr 1180 virtuell erleben

Wir fliegen die Bergstadt von Nordwesten an und blicken auf die Silhouette der Stadt mit dem dahinter liegenden Panorama des Osterzgebirges. Rauchende Meiler liegen in einer devastierten Landschaft und einzelne Holzfäller verarbeiten Holz und Holzkohle für die Bergwerke und Schmelzhütten. Erste Bergwerke tauchen auf, deren Schachtköpfe im Lauf der Zeit mit gefördertem, tauben Gestein aufgeschüttet wurden, so dass die Fördermaschinen (Seilwinden oder Haspeln) und Schutzhütten (Kauen) auf kegelförmigen Hügeln zu stehen scheinen. Wir nähern uns der Siedlung, in der reges Treiben in Bergwerken und Betrieben verschiedener Gewerke herrscht. Dazwischen liegen Wohnhäuser, meist einfache Grubenhäuser aus Holz und Fachwerk mit Satteldach, die sich entlang einer zentralen Straße reihen. Die Bergleute und ihre Familien wurden von umliegenden Bauerndörfern sowie Brauern, Fleischern, Fischern und Händlern mit Dingen des täglichen Bedarfs (u.a. Getreide, Gemüse, Früchte, Wolle, Leder) versorgt. Kaufleute und Händler bringen Haushalts- aber auch kostbare Waren aus Glas und Metall oder auch seltene Gewürze. Das Silber bringt für alle ein gutes Auskommen. Entlang eines Straßenkanals liegen die Werkstätten. Der Bergschmied richtet die unter Tage in der Schicht verschlagenen Bergeisen eines Bergmannes wieder zu. Probiermeister und Erzpocher arbeiten das geförderte Erz für die Verhüttung auf.  Zimmerleute stellen hölzerne Einbauten, Erzmulden und Werkzeuge für die Bergwerke her. Wir überfliegen die erste Holzkirche der Bergleute, der Vorgängerin der heutigen St. Marienkirche. Am Ende der Straße steht auf dem Prallhang oberhalb der Weißeritzaue die Burg des Grundherren, dem Burggrafen von Dohna. Die dortige Besatzung sicherte und kontrollierte die Siedlung, vor allem jedoch die  Silbererz-Ausbeute, von der der Burggraf einen Anteil behielt. Der Flug geht weiter in das Tal und die Aue der Weißeritz, wo sich der Weg über eine Furt an einer am Flussufer errichteten Erzmühle und der Nikolaikirche vorbei zum älteren Waldhufendorf fortsetzt. Erste Gehölze haben bereits die auf den Ackerhufengrenzen aufgehäuften Lesesteinreihen erobert.  Mit dem Blick zurück auf die Bergstadt endet die Animation.

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Quelle: YouTube-Kanal des Landesamts für Denkmalpflege Sachsen

Wir danken Jiri Unger (Prag), Martin Kostal und Michal Vagner (Brünn) für die Realisierung und Umsetzung unserer Vorstellungen und Rekonstruktionen.

Christiane Hemker, Landesamt für Archäologie Sachsen

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