Digitale Archäologievermittlung mit Actionbound

Foto Titelbild: Durch Grabungsfotos und Pläne erhalten die Nutzerinnen und Nutzer an den unterschiedlichen GPS-Koordinaten Einblicke durch die Augen der Archäologen. © Marcus Coesfeld

Digitale Vermittlung

Immer mehr Kultur- und Bildungseinrichtungen greifen auf digitale Tools zur Vermittlung ihrer Inhalte zurück. Und dabei sind unterschiedliche digitale Vermittlungsformate mittlerweile mehr als nur eine Trendwelle, auf die es sich aufzuspringen schickt. Denn gerade in Zeiten von Pandemie, Distanzunterricht und Museumsschließungen stellen sie nicht mehr nur methodische Abwechslungen für gelangweilte Teenager dar. Die jüngeren Umstände machen motivierende, kontaktlose Vermittlungswege auch mit Blick auf künftige Entwicklungen zu einer echten Notwendigkeit für Nutzerinnen und Nutzer aller Altersstufen. Dies gilt auch für die Vermittlung archäologischer Inhalte an ein öffentliches Publikum.

Actionbound

Eine zeitgemäße Möglichkeit hierzu ist das Prinzip einer digitalen Schnitzeljagd: Dabei werden wie beim Geocaching GPS-Koordinaten festgelegt, die man suchen muss. Der App-Anbieter „Actionbound“ stellt ein Tool zur Verfügung, um eigene Rallyes nach diesem Prinzip zu erstellen: Mithilfe verschiedener Gamification-Elemente lassen sich so digitale Stadt-, Natur- oder Museumsführungen, so genannte „Bounds“, konzipieren, die allein oder in der Gruppe gespielt werden können. Die App ist für Mobilgeräte mit Android- und iOS-Betriebssystemen erhältlich und kann kostenlos in den jeweiligen AppStores heruntergeladen werden. Der Bound-Ersteller kann GPS-Punkte setzen, die der Nutzer erreichen muss, Mediendateien hochladen, Rätsel mit unterschiedlichen Antwortmöglichkeiten einpflegen, zur Interaktion animieren (wie etwa ein Foto von etwas zu schießen) oder kleine Turnierwettkämpfe einbauen. Während die private Nutzung kostenlos ist, erfordern geschäftliche Zwecke Lizenzen, die Bildungseinrichtungen ermäßigt erwerben können.

Das Beispiel der Werburg in Spenge

Die Werburg in Spenge (Kreis Herford) ist eine ehemalige Wasserburg mit nachweisbaren Wurzeln im 15. Jahrhundert. Von der einst großen Anlage sind heute nur noch das Herrenhaus und das Torhaus aus dem 16. Jahrhundert sowie zwei jüngere Gebäude erhalten. Während das im Herrenhaus befindliche Werburg-Museum am Wochenende geöffnet ist, ist die Anlage jederzeit öffentlich zugänglich und wird als Park genutzt. Da die Burgmauer, der Verteidigungsturm und weitere abgerissene Gebäude nur noch archäologisch nachweisbar sind, erschließt sich das frühere Erscheinungsbild der Anlage kaum. Um dieses zu vermitteln, hat das Museum mittels Actionbound eine Rallye konzipiert, die Nutzerinnen und Nutzer nach Einlesen eines QR-Codes spielerisch durch das Gelände führt. Fotos von den Grabungen und originale Grabungspläne offenbaren den Spielern in einer Schnitzeljagd, was sich hier unter der Erde verbirgt und wo Funde gemacht worden sind, die heute als Exponate in der Ausstellung präsentiert werden. Das Feedback der Nutzerinnen und Nutzer war bisher durchweg positiv. Daher kann das Tool nur empfohlen werden, auch zur Nutzung für archäologische Routen und Parks, die nicht personell bespielt werden können.

| Marcus Coesfeld

Virtuelle Vergangenheit

Weiterlesen in der AiD 6/19

  • Virtuelle Vergangenheit von Christiane Hemker und Christine Splissgart
  • Die drei Dimensionen von Frank Schröder und Thomas Reuter
  • Vermittlung über alle Grenzen von Christoph Lobinger und Christiane Hemker
  • Werfen oder Stoßen? Speere im Test von Annemieke Milks und Matt Pope
  • Flüsse und Funde von Wei Chu
  • Zurichten von Steinen mit Knochen von Elaine Turner und Petr Neruda
  • Zerstören im Dienst der Wissenschaft von Erica Hanning, Florian Ströbele und Morice Adam
  • Rezepte für byzantinische Goldschmiede von Erica Hanning, Susanne Greiff, Günter Prinzing und Antje Bosselmann-Ruickbie