Geld wurde bereits in der Bronzezeit verwendet

Bereits in der Bronzezeit verwendeten die Menschen ein ausgeklügeltes System um mit Geld Waren zu kaufen. Das deckten nun Forschende aus Göttingen und Rom auf.

Hortfund aus der Bronzezeit. Die Bruchstücke fungierten vermutlich als Geld.
Bronzezeitliches Geld in ganz Europa: Metallfragmente aus dem „Soldatenbeutel“ des spätbronzezeitlichen Schlachtfeldes von Tollensetal, Mecklenburg-Vorpommern.
Credits: Volker Minkus, Thomas Terberger

Schrott als Bargeld

Wie haben die Menschen in der Bronzezeit Bezahlungen geregelt, bevor sich Münzgeld durchsetzte? Forscher der Universitäten Göttingen und Rom stellten fest, dass fragmentierte Bronzebruchstücke ehemaliger Objekte („Bronzeschrott“), welche man in Hortfunden in Europa findet, als Währung genutzt wurden. Diese Bruchstücke, die etwa von Schwertern, Äxten und Schmuck stammen, wurden in der späten Bronzezeit (1350 bis 800 vor Christus) als Bargeld genutzt.

In ihrer Masse entsprachen sie einem europaweit gültigen Gewichtssystem. Offenbar hat sich im ganzen westlichen Eurasien etwa 1000 Jahre vor dem Beginn der klassischen Zivilisationen eine Art „globaler Markt“ entwickelt. Dabei nutzten einfache Menschen Bronzebruchstücke als alltägliches Bargeld. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Journal of Archaeological Science erschienen.

Die Forscher analysierten rund 2.500 Metallobjekte und -fragmente aus mehreren Tausend Hortfunden. Alle stammen aus der späten Bronzezeit und in Mitteleuropa und Italien ausgegraben wurden. Sie nutzten eine statistische Technik, mit der sie feststellen können, ob eine stichprobenartige Messung auf ein zugrundeliegendes System zurückzuführen ist. So können die Forscher erkennen, ob es sich bei den analysierten Objekten um das Vielfache einer bestimmten Gewichtseinheit handelt. Das Ergebnis: Die untersuchten Stücke zerkleinerte man offenbar absichtlich, um bestimmte vorgegebene Gewichte zu erreichen. Die Gewichtseinheit, welche die Masse der Metallobjekte regelte, war identisch mit der Einheit, die auch bei den Waagengewichten derselben Zeit in Europa genutzt wurde. Die Forscher schlussfolgern, dass die Stücke als Bargeld verwendet wurden und dass das Zerkleinern von Bronzeobjekten darauf abzielte, Kleingeld zu erhalten.

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Aunjetitzer Kultur

Die Aunjetitzer Kultur, benannt nach einem Fundort in Böhmen, prägt in der frühen Bronzezeit von 2200 bis 1600 v. Chr. das Zentrum Europas. Berühmte Funde sind die Fürüstengräber von Leubingen und Helmsdorf oder die Himmelsscheibe von Nebra. In den vergangenen 15 Jahren haben Ausgrabungen – erstmals auch in Siedlungen und Heiligtümern -, große Projekte, naturwissenschaftliche Methoden und neue Interpretationen unser Wissen über die Aunjetitzer Kultur entscheidend vorangebracht.

Ausgefeiltes System

Urgeschichtlicher Handel wird oft als ein primitives System dargestellt, das auf Tauschhandel beziehungsweise dem Austausch von Gaben oft zwischen gesellschaftlich hochstehenden Persönlichkeiten basierte. Geld taucht bei diesen Annahmen dabei erst als eine Art evolutionärer Meilenstein auf, als die ersten westlichen Staaten entstehen. Die Studie stellt dieses Bild in Frage: Geld war eine „bottom-up-Übereinkunft“ statt eine Regulierung von oben herab. Das bronzezeitliche Geld in West-Eurasien erscheint in einem gesellschaftspolitischen Kontext auf, in dem öffentliche Institutionen entweder nicht existierten – wie in Europa. Oder aber kein Interesse daran hatten, eine bestimmte Art von Geldpolitik durchzusetzen – wie in Mesopotamien. Tatsächlich war Geld weit verbreitet und allen Schichten der Gesellschaft verwendeten es täglich.

Zeitgleich entwickelte sich ein globaler Markt im westlichen Eurasien. „Das Bezahlen mit Metallstücken war nicht primitiv, denn diese Art Geld – bevor Münzen erfunden wurden – erfüllte genau die gleichen Funktionen wie das moderne Geld heute“, sagt Dr. Nicola Ialongo vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen. „Dass wir nun die Verwendung der Metallreste nachweisen können, ist im Grunde genommen für uns nicht unerwartet. Wahrscheinlich wurden schon lange vor Entdeckung der Metallurgie verderbliche Waren als Zahlungsmittel verwendet. Der eigentliche Wendepunkt kam aber, als Menschen um 3000 vor Christus im Nahen Osten das Abwiegen von Gewicht erfunden haben. Damit stand erstmals in der Menschheitsgeschichte ein objektives Mittel zur Verfügung, um den ökonomischen Wert von Dingen und Dienstleistungen zu quantifizieren, ihnen also einen Preis zuzuordnen.“

Pressemeldung der Georg-August-Universität Göttingen.

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