25.000 Jahre altes menschliches Genom

Uralte Sedimente aus Höhlen können DNA über Jahrtausende konservieren. Deren Analyse wird allerdings dadurch erschwert, dass meist nur wenige Sequenzen aus den Sedimenten gewonnen werden können. Ron Pinhasi und Pere Gelabert haben nun in einer Studie der Universität Wien drei Genome von Säugetieren aus einer einzigen 25.000 Jahre alten Bodenprobe der Satsurblia-Höhle im Kaukasus (Georgien) gewonnen. Die Studie erscheint in Current Biology.

Übersicht der Ausgrabungen in der Satsurblia-Höhle
Übersicht der Ausgrabungen in der Satsurblia-Höhle (© Anna Belfer-Cohen)

Die Satsurblia-Höhle wurde von Menschen zu unterschiedlichen Zeiten im Paläolithikum bewohnt: Bisher konnte an diesem Fundort bereits ein 15.000 Jahre altes Genom eines menschlichen Individuums sequenziert werden. In den älteren Schichten der Höhle wurden keine weiteren menschlichen Überreste entdeckt.


Innovativer Ansatz ermöglicht DNA-Bestimmung in Umweltproben

Ron Pinhasi und Pere Gelabert haben mit einem internationalen Team gemeinsam mit Susanna Sawyer von der Universität Wien und in Zusammenarbeit mit Pontus Skoglund und Anders Bergström vom Francis Crick Institute in London einen innovativen Ansatz angewendet. Dieser ermöglicht eine DNA-Bestimmung in Umweltproben mit Hilfe aufwändiger Sequenzierungsmethoden und Datenanalyseressourcen. Dadurch konnte ein menschliches Umweltgenom der BIII-Höhlenschicht wiedergewonnen werden, das ca. 25.000 Jahre alt ist und damit vor der Eiszeit datiert wird.

Abschnitt B der Höhle
Abschnitt B der Höhle, wo die Probe gesammelt wurde. Das Foto wurde während der Ausgrabungen 2017 in der Satsurblia-


Durch diesen neuen Ansatz konnte bewiesen werden, dass ein menschliches Umweltgenom ohne Skelettüberreste wiedergewonnen werden kann. Die Analyse des genetischen Materials ergab, dass das menschliche Umweltgenom SAT29 eine alte menschliche Abstammungslinie darstellt, die sich teilweise in der heutigen west-eurasischen Bevölkerung fortsetzt. Um diese Ergebnisse zu bestätigen, stellten die Wissenschafter*innen einen Vergleich zwischen dem wiedergewonnenen Genom und den genetischen Sequenzen aus Knochenüberresten der nahegelegenen Dzudzuana-Höhle an. Dieser lieferte den eindeutigen Beweis für die genetische Ähnlichkeit. Somit ist auch die Möglichkeit einer späteren Kontamination der Proben in der Gegenwart ausgeschlossen.


Vergangene Ökosysteme rekonstruieren

Neben dem identifizierten menschlichen Genom konnten noch weitere Genome aus den Umweltproben wiedergewonnen werden, die vom Wolf oder Bison stammen. Die Sequenzen wurden zur Rekonstruktion der Populationsgeschichte von Wolf und Bison im Kaukasus herangezogen und tragen damit zum besseren Verständnis der Populationsdynamik dieser Tierarten bei. Die Forscher*innen planen nun die Durchführung weiterer Analysen der Bodenproben aus der Satsurbia-Höhle, um Erkenntnisse zu den Interaktionen zwischen alte Fauna und Menschen, sowie Auswirkungen der Klimaveränderungen auf Säugetierpopulationen zu gewinnen. Durch die Möglichkeit der DNA-Gewinnung aus Bodenproben kann die Evolution ganzer vergangener Ökosysteme rekonstruiert werden.

Eingang der Höhle von innen
Eingang der Höhle von innen (© Anna Belfer-Cohen)

Nach einer Pressemeldung der Universität Wien

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