SchUM-Stätten sind erstes jüdisches Unesco-Welterbe Deutschlands

Das UNESCO-Welterbekomitee hat heute die SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz zum Welterbe erklärt. Der Judenhof in Speyer, der Wormser Synagogenbezirk mit dem Friedhof Heiliger Sand und der Alte jüdische Friedhof Mainz zeugen von der langen und wechselvollen Geschichte der drei jüdischen Gemeinden. Die SchUM-Stätten sind die 50. Welterbestätte in Deutschland. Das UNESCO-Komitee tagt noch bis zum 31. Juli online.

Als Verbund der SchUM-Städte bildeten Speyer, Worms und Mainz im Mittelalter das Zentrum des Judentums in Mitteleuropa. Die Bezeichnung setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der drei hebräischen Städtenamen zusammen: Schpira, Warmaisa und Magenza. Sie gelten als Wiege des aschkenasischen Judentums. SchUM-Gelehrte erließen hier vor 1.000 Jahren religionsrechtliche Reformen, verfassten Liturgien und Gebete, die seither Bestand haben. Das Verbot der Polygamie im europäischen Judentum geht ebenso auf die SchUM-Gemeinden zurück wie eine Reform des Scheidungsrechts, das die Position der Frauen stärkte, und das Briefgeheimnis.
 

Der Jüdische Friedhof in Mainz (Foto: Landeshauptstadt Mainz, Fotograf Carsten Costard).

Die Bauwerke und Friedhöfe der drei Gemeinden, deren Geschichte bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht, zählen zu den ältesten erhaltenen Zeugnissen jüdischen Lebens in Deutschland und Europa. In den SchUM-Stätten spiegelt sich das rituelle und gesellschaftliche Leben der Gemeinden: Die Bedeutung von Gebet und Gelehrsamkeit sowie Ideen religiöser Reinheit lassen sich in den Synagogen und Frauenschuln, den Talmudschulen und Ritualbädern erkennen. Ihre Form und Gestaltung sollte die Architektur jüdischer Gemeindebauten von Mitteleuropa über Nordfrankreich bis nach England prägen.

Judenhof in Speyer (© Deutsche UNESCO-Kommission / Erik Hartung).

Mit der Aufnahme der SchUM-Stätten in Speyer, Worms und Mainz in die Welterbeliste wird der außergewöhnliche universelle Wert der SchUM-Stätten mit ihren Synagogen, Fraunschuln, Mikwaot und Friedhöfen anerkannt. Das Unesco-Welterbekomitee, ein Gremium aus 21 gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedstaaten, begründet die Eintragung in die Welterbliste damit, dass es sich bei den SchUM-Stätten um richtungsweisende jüdische Gemeindezentren und Friedhöfe handele, deren Form und Gestaltung die jüdische Architektur, Ritualbauten und die Bestattungskultur in ganz Mitteleuropa nördlich der Alpen, in Nordfrankreich und England maßgeblich beeinflussten. An keinem anderen Ort könne ein vergleichbares Spektrum jüdischer Gemeindezentren und Friedhöfe die kulturellen Leistungen europäischer Jüdinnen und Juden in der Formationsphase der lebendigen Tradition des aschkenasischen Judentums bezeugen.

Nach Pressemeldungen der Stadt Mainz und der Deutschen UNESCO-Kommission.

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