Löwenköpfchen: Wiedervereint nach 40.000 Jahren

Löwenköpfchen, Vogelherd Höhle bei Niederstotzingen, ca. 40.000 Jahre alt, Mammutelfenbein.
Löwenköpfchen, Vogelherd Höhle bei Niederstotzingen, ca. 40.000 Jahre alt, Mammutelfenbein. Foto: Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch

Neu erworbenes zweites Fragment des berühmten Löwenköpfchens von der Schwäbischen Alb wird ab dem 18.9. im Landesmuseum Württemberg ausgestellt. Das Löwenköpfchen aus der Vogelherdhöhle im Lonetal bei Niederstotzingen gehört zu den absoluten Highlights der Sammlungen des Landesmuseums Württemberg. Bei der kleinen Skulptur aus Mammutelfenbein handelt es sich um eine der etwa 40.000 Jahre alten Figuren von der Schwäbischen Alb, die 2017 zu einer erfolgreichen Aufnahme der Höhlen mit der Eiszeitkunst auf die Welterbeliste der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) geführt haben.

Umso erfreulicher ist es, dass im Herbst 2020 ein zweites Fragment dieser Figur mit Lotto-Mitteln aus einer Privatsammlung erworben werden konnte. Dieses zweite Stück ist bereits seit den 1950er Jahren bekannt und wurde ebenso wie die besser erhaltene Gesichtshälfte, die sich schon länger in der Sammlung des Landesmuseums befindet, aus dem Abraum der Ausgrabungen der Universität Tübingen von 1931 am Vogelherd geborgen. Da bei dem neu erworbenen Stück der vordere Teil des Kopfes mit der Schnauze fehlt, wurde dieses zunächst für das Fragment einer Bärendarstellung gehalten. Erst die Kombination beider Stücke macht deutlich, dass es sich um den ca. 3 cm langen, vollplastischen Kopf eines Höhlenlöwen (Panthera leo spelaea) handelt. Allerdings lassen sich die beiden Gesichtshälften nicht direkt aneinandersetzen, da eine ursprünglich dazwischen sitzende und beide Seiten verbindende Elfenbeinlamelle nicht mehr vorhanden ist.

Löwenköpfchen, Vogelherd Höhle bei Niederstotzingen, ca. 40.000 Jahre alt, Mammutelfenbein: Frontalansicht der beiden Teile.
Löwenköpfchen, Vogelherd Höhle bei Niederstotzingen, ca. 40.000 Jahre alt, Mammutelfenbein: Frontalansicht der beiden Teile. Foto: Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch

Das Löwenköpfchen ist ein absolutes Meisterwerk in Form und Detailgenauigkeit und gehört zu den herausragendsten künstlerischen Darstellungen des frühen Menschen überhaupt: Die Schnauze, die Nase und die aufgestellten Ohren sind präzise herausgearbeitet, die Augen mit dem fast überbetonten Tränenkanal eingeritzt. Die Kreuzschraffur am Hals deutet eine Mähne an, die aber wahrscheinlich weniger dicht war als die der heutigen afrikanischen Löwen. Dem Betrachter erschließt sich unmittelbar, was für beeindruckende Tiere die am Ende der Eiszeit ausgestorbenen Höhlenlöwen gewesen sein müssen.

Ein junger Mann besichtigt die beiden Fragmente des Löwenköpfchens.
Löwenköpfchen (beide Gesichtshälften), Vogelherd Höhle bei Niederstotzingen, ca. 40.000 Jahre alt, Mammutelfenbein in der Ausstellung. Foto: Martin Stollberg.

Es ist ein seltenes Glück, dass sich beide Teile erhalten haben. Nach der Fertigstellung des neuen Museumsfoyers Dürnitz sind sie ab dem 18. September nach so langer Zeit wieder vereint im Stuttgarter Alten Schloss zu bewundern. In der wiedereröffneten Schausammlung „LegendäreMeisterWerke“ des Landesmuseums Württemberg werden die beiden Fragmente im Zusammenhang mit weiteren Funden der Eiszeitkunst in einer neugestalteten Vitrine präsentiert.
Öffnungszeiten der Schausammlungen ab 18.9.2021: Di bis So 10-17 Uhr.

Nach einer Pressemitteilung des Landesmuseums Württemberg.

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