Therese Keogh: Wiedersehen mit einem Brunnen

Die Keramiktafeln mit Abdrücken von Holzstrukturen wirken nicht nur zerbrechlich - sie sind es auch. Dennoch ist es der Wunsch der Künstlerin, dass die Besucher die Objekte anfassen und neu arrangieren.
Die Video-Animationen fahren über die Oberfläche eingescannter Hölzer. (Foto: LfA/smac, Annelie Blasko)

Die australische Künstlerin Therese Keogh kommt seit 2016 immer wieder nach Sachsen, um sich mit den Objekten ihrer Leidenschaft auseinanderzusetzen: den über 7000 Jahre alten Holzbrunnen der frühesten Bauern. Im Archäologiemuseum smac ist einer der 13 bisher entdeckten Brunnen ausgestellt. Hier interveniert Therese Keogh mit ihrer Kunst: Sie präsentiert Transformationen und Translationen der Jahrtausende alten Holzstrukturen. Eine Video-Installation im Foyer des smac zeigt die von den Brunnenhölzern inspirierten organischen Strukturen in 3D-Animationen.

Jens Beutmann, Ausstellungsleiter am smac: „Der glückliche Umstand, dass Therese Keogh direkt bei den Ausgrabungen dabei sein und einen tiefen Einblick in die Arbeit der Archäologinnen und Archäologen gewinnen konnte, hat diese Arbeit wesentlich beeinflusst. Zahlreiche Gespräche mit dem wissenschaftlichen Leiter der Ausgrabungen, Dr. Harald Stäuble – ein Kollege vom Landesamt für Archäologie Sachsen – haben sie darüber hinaus inspiriert, sich im Zusammenhang mit dem Thema Brunnen auch mit den Phänomenen Ausgrabung, Verfall, Zerstörung und Experiment künstlerisch auseinanderzusetzen.“

AUSSTELLUNG „WIEDERSEHEN MIT EINEM BRUNNEN“

Ein Bild der australischen Künstlerin Therese Keogh, sie lebt in Melbourne
Die australische Künstlerin Therese Keogh lebt in Melbourne. (Foto:Therese Keogh [Selfie])
  • Künstlerin: Therese Keogh
  • 16.07. – 20.09.2021
  • Intervention in der 2. Ausstellungsetage und Video-Installation im Foyer des smac
  • Eintritt: Der Zugang zur Installation im Foyer ist kostenfrei. Um die Intervention in der 2. Etage zu sehen, zahlen Besucher:innen den Eintritt in die Dauerausstellung (7€ / ermäßigt 4€ / Familien 10€)
  • Publikation „Therese Keogh: Wiedersehen mit einem Brunnen – A well revisited“: 9,80€

Therese Keogh befasst sich in dieser Ausstellung der Reihe „a – wie atelier im smac“ auf sensuell vielfältige Art mit den jungsteinzeitlichen Brunnen aus Sachsen – eine archäologische Sensation, die sich ihren Weg bis nach Australien gebahnt hat. Ihr zentrales Exponat ist eine Anzahl von Keramiktafeln mit holzartigen Strukturen. Sie wurden aus dem Geschiebemergel hergestellt, der in einem der Brunnen-Fundorte – Droßdorf bei Großstolpen – ansteht. Auch das Brennen der Tafeln geschah direkt vor Ort. Ihre Oberflächenstruktur ist das Ergebnis mehrfacher Transformationen, deren Ausgangspunkt das 7000 Jahre alte Brunnenholz, aber auch zeitgenössisches Holz archäologischer Experimente war.

Therese Keogh interveniert mit diesen Objekten nun direkt in die Dauerausstellung des smac: Sie sind in der zweiten Ausstellungsetage neben ihrer unmittelbaren Inspirationsquelle, einem Brunnen der Jungsteinzeit, platziert. Besucherinnen und Besucher sind angehalten die Tafeln und Fragmente anzufassen, zu betrachten und sogar neu zu arrangieren. Ein Gedicht mit dem Titel „and murmured“ / „und murmelte“ ist dem Exponat zugeordnet und liegt auf Englisch und Deutsch aus. In einer Soundcollage überlagern sich Schläge einer Steindeichsel und Waldgeräusche zu einem bizarren Rhythmus der Jungsteinzeit.

Eine Video-Installation im Foyer zeigt an vier Bildschirmen die digitale Translation des Brunnen-Themas. Die Animationen wandern über mondlandschaftartiges Gelände – mal hochaufgelöst, mal grob gepixelt. Es handelt sich um dreidimensional eingescannte Wachstafeln, deren Oberfläche mehrfach transformierte Abdrücke von Hölzern tragen.

DIE KÜNSTLERIN

Therese Keogh lebt und arbeitet als Künstlerin und Autorin in Melbourne, Australien, auf dem Land der Boon Wurrung und Wurundjeri, der östlichen Nation der Kulin. Ihre künstlerische Tätigkeit findet an den Schnittstellen zwischen Skulptur, Geografie, Archäologie und Landschaftsarchitektur statt. Mit ihren vielschichtigen Projekten erkundet sie die gesellschaftspolitischen und materiellen Bedingungen der Erzeugung von Narrativ und Wissen. Sie arbeitet kollaborativ in Text- und Forschungsprojekten.

A – WIE ATELIER IM SMAC

Im Rahmen der Ausstellungsreihe a – wie atelier im smac werden Künstlerinnen und Künstler eingeladen, unmittelbar in den Raum der Seite 3/3 ständigen Ausstellung zu intervenieren und ihre Arbeiten direkt in den Kontext der archäologischen Exponate des Museums zu stellen. Die von Prof. Ines Bruhn kuratierte Reihe lenkt den Fokus auf Werke, die ganz unmittelbar archäologische Artefakte oder wissenschaftliche Erkenntnisse reflektieren und mit sehr unterschiedlichen künstlerischen Mitteln zum Diskurs über Geschichte und Geschichten beitragen.

Nach Pressemitteilung des staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz (smac).

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