1000 Jahre Wikinger in Amerika

L’Anse aux Meadows, Rekonstruktion (Universität Groningen).

Wikinger waren bereits im Jahr 1021 n. Chr. in Nordamerika. Das beweist die neue Studie eines internationalen Forscherteams unter der Beteiligung des Curt-Engelhorn-Zentrums Archäometrie der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. Dies ist das früheste und erstmals genau nachweisbare Datum, an dem sich Europäer vor der Ankunft von Kolumbus im Jahr 1492 in Amerika aufhielten. Bei der Datierung nutzten die Wissenschaftler neueste Erkenntnisse zur Auswirkung von Sonnenstürmen. Die Studie wird jetzt erstmals im bekannten Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlicht.

Baumstumpf mit Bearbeitungsspuren, der neben zwei weiteren Bäumen zur Datierung verwendet wurde (© Margot Kuitems 2018).

Mit ihren Langschiffen segelten die Wikinger über große Entfernungen. Im Westen gründeten sie Siedlungen auf Island, Grönland und schließlich in L’Anse aux Meadows, Neufundland, Kanada. Wann diese ersten transatlantischen Reisen stattfanden, blieb bisher jedoch unklar. Nun zeigen Wissenschaftler unter Leitung der Universität Groningen, dass Europäer bereits 1021 n. Chr. in Amerika waren. Dieses Datum markiert auch den frühesten bekannten Zeitpunkt, an dem der Atlantik überquert wurde und die Migration der Menschheit schließlich den gesamten Planeten umspannte.

Bisherige Datierungsversuche zum Aufenthalt der Wikinger in Amerika haben sich stark auf isländische Sagen gestützt. Diese zunächst mündlich überlieferten Geschichten wurden allerdings erst Jahrhunderte nach den darin erzählten Ereignissen niedergeschrieben und können somit nicht für eine genaue Altersbestimmung herangezogen werden.

Für eine naturwissenschaftlich basierte Altersbestimmung untersuchten die Wissenschaftler Holzstücke dreier Bäume aus archäologisch den Wikingern zuzuordnenden Kontexten in Kanada. Alle drei Holzstücke wiesen deutliche Spuren von Schnitten mit Metallklingen auf – ein Material, welches von der einheimischen Bevölkerung nicht hergestellt wurde.

Dr. Ronny Friedrich im Labor (© Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie gGmbH, Fotograf: Ralf Mager).

„Normalerweise ermöglicht eine Altersbestimmung mit der C-14-Methode keine jahrgenaue Datierung. Dass wir jetzt erstmals nicht nur eine Zeitspanne, sondern ein genaues Datum für den Aufenthalt der Wikinger in Amerika angeben können, ist natürlich eine Sensation. Hier kommen uns neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Sonnenstürmen zu Hilfe.“, betont Dr. Ronny Friedrich vom Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie, der die Proben mit seinem Team in Mannheim untersucht hat. Das genaue Jahr konnte bestimmt werden, weil sich 992 n. Chr. ein massiver Sonnensturm ereignete, der ein deutliches Signal im Radiokohlenstoff (C-14) der Baumringe des folgenden Jahres erzeugte. Der signifikante Anstieg der Radiokohlenstoffproduktion zwischen 992 und 993 n. Chr. kann in Baumringarchiven auf der ganzen Welt festgestellt werden und damit zur hochgenauen Datierung dienen. Jedes der drei untersuchten Holzobjekte wies dieses Signal 29 Wachstumsringe (Jahre) vor der äußeren Baumrinde auf und erlaubt die Schlussfolgerung, dass die Fällung der Bäume im Jahr 1021 n. Chr. stattfand – also genau vor 1000 Jahre.

| Nach Pressemeldungen der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und der Universität Groningen.

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