Galloway-Hort bringt weitere aufregende Entdeckung

Der größte Teil des Galloway-Hortes ist derzeit in den Kirkcudbright Galleries (bis 10. Juli 2022) in einer von der schottischen Regierung unterstützten Wanderausstellung der National Museums Scotland zu sehen. Ein Teil des Materials, das in extrem zerbrechliche, selten Textilien eingewickelt war, wird jedoch im Rahmen eines dreijährigen, vom Arts and Humanities Research Council mit 1 Million Pfund finanzierten Projekts, das von den National Museums Scotland in Zusammenarbeit mit der Universität Glasgow geleitet wird, hinter den Kulissen einer sorgfältigen Konservierung und akribischen Forschung unterzogen.

Das Bild zeigt das Gefäß aus Bergkristall, das zum Galloway-Hort gehört. Die Oberfläche des Kristalls ist ungleichmäßig gearbeitet, einzelne Zapfen stehen hervor. Das Gefäß wird von Gold ummantelt.
Das Bergkristall-Gefäß (Foto: © Neil Hanna).

Bei der ersten Entnahme als Bündel war das Gefäß nur teilweise durch seine Textilumhüllung zu erkennen. Mit Hilfe von 3D-Röntgenaufnahmen, die in Zusammenarbeit mit dem British Museum angefertigt wurden, konnte das Objekt innerhalb seiner Hülle untersucht werden, ohne es zu beschädigen. Dabei wurde festgestellt, dass der Boden eine Inschrift trägt.

Das etwa 5 cm hohe Gefäß, das einer verzierten Parfümflasche ähnelt, hatte vermutlich eine kirchliche Funktion. Es wurde nun sorgfältig von seiner Verpackung getrennt. Die lateinische Inschrift auf dem Boden, die in goldenen Buchstaben geschrieben ist, bedeutet übersetzt: „Bischof Hyguald ließ mich machen“. Sie ist der deutlichste Beweis dafür, dass ein Teil des Materials des Hortes aus einer Kirche im angelsächsischen Königreich Northumbria stammen könnte, das Dumfries und Galloway umfasste und sich bis nach Edinburgh im Norden und Sheffield im Süden erstreckte.

Professor Alex Woolf, Senior Lecturer an der Universität von St. Andrews, sagte: „Die Inschrift ist in lateinischer Sprache verfasst, die zu jener Zeit die Universalsprache der westlichen Kirche war. Die Quellen und Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind unvollständig, aber was wir aus ihnen wissen, ist, dass es im frühmittelalterlichen Northumbria mehrere Geistliche mit dem Namen Hyguald gab. Von einem Bischof Hyguald wissen wir nichts Genaues, aber unsere Listen der nordumbrischen Bischöfe sind nach 810 unvollständig.  Dementsprechend ist es schwierig – und frustrierend – genauer zu sein, aber es könnte gut sein, dass es sich um einen ansonsten nicht dokumentierten Bischof aus der Mitte des 9. Jahrhunderts handelt, der entweder in Whithorn oder Hexham lebte.“

Dr. Martin Goldberg, Hauptkurator für mittelalterliche Archäologie und Geschichte bei den National Museums Scotland, sagte: „Die geschnitzte Oberfläche des Bergkristalls aus dem Galloway-Hort lässt vermuten, dass es sich um das Kapitell einer Kristallsäule im korinthischen Stil handelt.  Dies ist einzigartig im frühmittelalterlichen Großbritannien, aber es gibt Parallelen im Römischen Reich für Objekte dieser Art. Diejenigen, die ich gesehen habe, befinden sich in der Sammlung des Vatikans, wo es verschiedene Formen von geschnitzten Kristallsäulen gibt.   Sie war also vielleicht 500 Jahre alt, als sie im späten 8. oder frühen 9. Jahrhundert in ein mit Gold ummanteltes Gefäß umgewandelt wurde.“

Dr. Leslie Webster, ehemaliger Keeper für Großbritannien, Vorgeschichte und Europa am Britischen Museum, sagte: „Bergkristall ist an sich schon ungewöhnlich. Er gehört zu den Materialien, die in der antiken Welt wegen ihrer Transparenz und Lichtdurchlässigkeit sehr geschätzt wurden und daher mit Reinheit assoziiert werden. Er war also, glaube ich, schon zu seiner Zeit sehr, sehr besonders. Und man sieht an der Art und Weise, wie das Gold es fast umschließt, dass es zu einer Art Reliquie geworden ist. Es ist ein Ausstellungsstück aus einer sehr hochrangigen Werkstatt, wie man sie vielleicht bei einem Bischof in einem seiner Klöster erwarten würde. Dieses Objekt ist absolut faszinierend. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich im Laufe der Jahre viele angelsächsische Funde gesehen, einige von ihnen waren erstaunlich. Aber dieses Objekt stellt sie alle in den Schatten.“

Die Ausstellung „Galloway Hoard: Viking-age Treasure“ läuft in den Kirkcudbright Galleries bis zum 10. Juli 2022 und wird anschließend in der Aberdeen Art Gallery gezeigt (30. Juli bis 23. Oktober 2022). Ab dem 20. Dezember, wird die Ausstellung mit einem neuen Film über die Entdeckung der Inschrift auf dem Bergkristallgefäß aktualisiert.

Der Galloway-Hort ist die umfangreichste Sammlung seltener und einzigartiger wikingerzeitlicher Gegenstände, die jemals in Großbritannien oder Irland gefunden wurde. Er wurde 2014 entdeckt und 2017 von den National Museums Scotland mit Unterstützung des National Heritage Memorial Fund, des Art Fund und der schottischen Regierung sowie einer großen öffentlichen Spendenkampagne erworben. Seitdem wird er im National Museums Collection Centre in Edinburgh umfassend konserviert und erforscht.

Der Galloway Hoard wird schließlich langfristig im National Museum of Scotland in Edinburgh ausgestellt werden, wobei ein bedeutender und repräsentativer Teil davon auch langfristig in den Kirkcudbright Galleries zu sehen sein wird.

Nach einer Pressemeldung der National Museums Scotland

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