Bayern: Leichen im Getreidesilo

Hallstatt (Bayern) Skelette im Silo
Hallstadt in Bayern. Die drei Männer verschiedenen Alters hat man offenbar einfach in die Silogrube geworfen. Foto: Fa. AST

Seit 2019 laufen umfangreiche Ausgrabungen an der ICE-Trasse im oberfränkischen Hallstadt, Bayern. Dort können auf einer Länge von 1,7 km und einer Fläche von über 6 ha ausgedehnte Siedlungsaktivitäten nachvollzogen werden. Die Schwerpunkte reichen dabei von der Mittelsteinzeit über die Urnenfelderzeit bis in die Latènezeit. Alle Fundstellen erstrecken sich entlang der Niederterrasse des Mains, nur etwa 700 m vom heutigen Flussbett entfernt.

Innerhalb einer überwiegend latènezeitlichen Siedlung sind zu Beginn des Jahres mehrere noch über 1 m tief erhaltene charakteristische Gruben freigelegt worden, die in der Vorgeschichte als Getreidesilos dienten. In einer dieser Gruben hatte man nahe der Sohle einen Mann von über 50 Jahren beigesetzt. Das Skelett lag ungestört in Rückenlage mit seitlich leicht abgewinkelten Armen.

In einer zweiten Grube, nur wenige Meter entfernt, waren sogar drei Menschen zugleich bestattet. Die unterste Person muss dabei regelrecht in die Grube geworfen worden sein und kam mit dem Bauch zur Sohle zum Liegen. Danach wurden die beiden anderen Toten seitlich an den Wänden deponiert, jedoch in entgegengesetzter Richtung. Da alle Skelette dicht beieinanderlagen und es zu keinerlei Störung der Körper gekommen war, kann man von einer raschen Beisetzung aller drei Personen ausgehen. Bei den drei Individuen handelt es sich um Männer im Alter von 20 bis 40, 40 bis 60 und 60 bis 80 Jahren. Bemerkenswert ist der Fund einer jung- bis endneolithischen Pfeilspitze etwa 5 cm über der obersten Bestattung. Weiterhin fanden sich in der Grube Fragmente eines großen Reibsteins. Spuren von Gewalteinwirkung sowie Funde, die man als Beigaben ansehen könnte, fehlen. Vergleichbare Bestattungen in Silogruben sind sowohl aus der Jungsteinzeit als auch aus der Latènezeit bekannt, sodass eine sichere Datierung erst durch 14C-Datierungen möglich sein wird.

| M. Tschuch, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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