Verdammt und vernichtet – Kulturzerstörungen vom Alten Orient bis zur Gegenwart

Cover: Verdammt und vernichtet – Kulturzerstörung vom Alten Orient bis zur Gegenwart

Wir alle haben noch die erschreckenden Bilder vor Augen, die Palmyra, Ninive und viele weitere menschheitsgeschicht­lich bedeutende Stätten nach der beispiel­losen Verheerung durch den IS bzw. Daesh zeigen. Beispiellos? Leider nein. Die Verwüstungen in Syrien und Irak fügen sich ein in eine lange, weltumspannende Geschichte ideo­logisch motivierter Zerstörung materieller Kulturzeugnisse. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wird diese von Hermann Parzinger als deprimierende Abfolge bewusster, zielgerichteter Auslöschung von Kultur seit der Antike ausgebreitet: Von den Anfängen im Altertum über den byzantinischen Bilderstreit, den Ikonoklasmus von Hussitenbewegung, Reformation und Französischer Revolution. Es folgen das Kolonialzeitalter mit Zerschlagung und Plünderung präkolumbischer Großreiche, des Königreichs Benin und des kaiserlichen Sommerpalastes bei Peking. Zwei Weltkriege, in denen es zu vorsätzlicher Vernichtung und systematischem Raub von Kulturgut kam und gewaltsame Kulturrevolutionen, die auf die Beseitigung missliebiger Kunst und Tradition abzielten, führen bis in unsere Gegenwart.

Das faktengesättigte Werk zeigt auch, dass die Zerstörungswut, die auf die Identität des »Feindes« zielt, in den verschiedenen Epochen nicht nur von machtpolitischem Kalkül und fundamentalistischer Verblendung befeuert wird, sondern oft genug der Befriedigung schnöder Habgier dient. Keine angenehme Lektüre. Aber eine wichtige.

| Claus Hattler

Produktdetails

Verdammt und vernichtet – Kulturzerstörungen vom Alten Orient bis zur Gegenwart

Hermann Parzinger
München: Verlag C.H. Beck 2021, 368 S., 47 s/w-Abb., 29,95 Euro

Cover AiD 321

Das könnte Sie auch interessieren!

Archäologie in Gerichtssaal – Sondengänger unterschlägt bronzezeitlichen Hort

Raubgräber sorgten in Sachsen-Anhalt schon einmal für Aufsehen. 2002 wurde die Himmelsscheibe von Nebra sichergestellt, heute Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes. Ein kürzlich abgeschlossenes Gerichtsverfahren in Merseburg zeigt: Illegale Sondengänger sind nach wie vor ein virulentes Problem.

Der große Kunstraub

Staatlich angezettelter Kunstraub – eine Plage, zwar nicht so alt wie das Entstehen erster Staatswesen im Alten Orient, aber dort schon früh nachweisbar, wie die im Reich Elam ausgegrabenen babylonischen Stelen beweisen. Freilich, der Aspekt »Kunst« spielte bei den Raubaktionen zunächst keine Rolle. Es ging um Wertgegenstände, die im Einzelnen allerdings auch von religiöser oder politischer Bedeutung sein konnten.