Rheinland-Pfalz: Traditionsbewusste Frau im 7.Jh.

Südlich Oberbieber, Stadt Neuwied, wurden beim Abbau von Bims 22 Gräber aus dem frühen Mittelalter entdeckt, darunter ein Frauengrab mit reichhaltigen Beigaben aus der Zeit kurz vor oder kurz nach Mitte des 7. Jh. Die Verstorbene gehörte offenbar der sozialen Oberschicht an, darauf deutet die auf Höhe der Brust gefundene goldene Mantelspange – eine vierpassförmige Filigranscheibenfibel. Dazu trug die Frau zwei silberne Drahtohrringe, eine Halskette mit zahlreichen Perlen aus Glas, zudem drei aus Bernstein sowie einen Ring am Arm und einen am Finger, beide aus Bronze. Vom Ledergürtel stammt eine eiserne Gürtelschnalle. Eine Riemen­zunge und ein kleiner Quadratbeschlag aus Bronze waren der unvollständige Satz einer Wadenbindengarnitur. Am auffälligsten ist eine große Bügelfibel aus Bronze. An der rechteckigen Kopfplatte sitzen acht mitgegossene Zierknöpfe. Der nach oben gewölbte Bügel ist breit, die ovale Fußplatte endet in einem Tierkopf. Die Schauseite ist mit einem degenerierten Tiergeflecht verziert. Die Fibel lag zwischen den Oberschenkeln der Toten. Vielleicht war sie als Schmuckstück am herunterhängenden Ende einer um die Taille gebundenen Schärpe befestigt.

Bügelfibeln, meist paarweise getragen, gelten als typisch für die Frauentracht der älteren Merowingerzeit. Gegen Ende des 6. Jh. waren sie aus der Mode gekommen. Am Mittelrhein sind Bügelfibeln eines späten Typs nun aber schon häufiger nachgewiesen worden. Möglicherweise war man hier besonders traditionsbewusst und hat noch lange an der alten Tracht festgehalten, und zwar bis zur Mitte des 7. Jh., wie es das Frauengrab in Oberbieber belegt. Die Bügelfibel kennzeichnete zusätzlich zur goldenen Mantelfibel die Verstorbene als Frau der lokalen Oberschicht. Sie war wohl die Herrin eines Hofes, der wahrscheinlich rund 400 m nördlich vom Begräbnisplatz im Bereich des mittelalterlichen Kerns von Oberbieber lag und somit möglicherweise den Ursprung des heutigen Ortes bildete.

| C. A. Jost, Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz

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