Museum verkündet Entdeckung von James Cooks Endeavour

Kevin Sumption, Direktor des Australian National Maritime Museum
Kevin Sumption, Direktor des Australian National Maritime Museum. Foto: Australian National Maritime Museum.

Kevin Sumption, Direktor des Australian National Maritime Museum, gab am Donnerstag bekannt, dass das Wrack der Bark Endeavour, dem berühmten Schiff des Seefahrers und Entdeckers James Cook, identifiziert worden sei. Nach 22 Jahren Feldarbeit und Forschung ist er zu dem Schluss gekommen, dass die als RI 2394 bezeichnete Stelle im Hafen von Newport im US-Bundesstaat Rhode Island die Überreste der HMB Endeavour beherbergt. Doch von dem Forscherteam, das die Arbeiten am Wrack vor Ort betreute, sind Vorbehalte zu hören.

Über 20 Jahre Suche nach der Endeavour

Sumption erklärte: „Ich bin überzeugt, dass dies die letzte Ruhestätte eines der wichtigsten und umstrittensten Schiffe der australischen Seefahrtsgeschichte ist. Seit 1999 haben wir mehrere Schiffswracks aus dem 18. Jahrhundert in einem Gebiet von zwei Quadratmeilen untersucht, von dem wir glaubten, dass dort die Endeavour gesunken ist. Aber die letzten Teile des Puzzles mussten erst bestätigt werden, bevor ich mich in der Lage sah, diese Entscheidung zu treffen. Aufgrund der archivarischen und archäologischen Beweise bin ich überzeugt, dass es sich um die Endeavour handelt. Dies ist ein wichtiger historischer Moment, da dieses Schiff eine wichtige Rolle für die Entdeckungsgeschichte, Astronomie und Wissenschaft nicht nur Australiens, sondern auch von Neuseeland, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten spielt. Obwohl nur noch etwa 15 % des Schiffes erhalten sind, geht es jetzt darum, was für seinen Schutz und Erhalt getan werden kann. Das Museum arbeitet weiterhin eng mit Schifffahrtsexperten in Rhode Island und natürlich mit den Regierungen Australiens, Rhode Islands und der USA zusammen, um den Fundort zu sichern.“

Sumption wies auf die gemeinsamen Anstrengungen hin, die zur Identifizierung des Wracks geführt hätten: „Wir würdigen die Arbeit von Dr. Kathy Abbass und ihrem Team im Rhode Island Marine Archaeology Project für ihr fortwährendes Engagement für die Stätte und ihre Geschichte und erkennen auch den bedeutenden Beitrag an, den das United States of America’s Bicentennial Gift und die Silentworld Foundation geleistet haben, um diese Arbeit zu ermöglichen. Wir sind derzeit dabei, unseren Bericht über die Stätte fertig zu stellen und freuen uns darauf, dass dieser Bericht zu gegebener Zeit von Fachleuten geprüft und veröffentlicht wird. Die archäologischen Arbeiten gehen weiter, und wir erwarten in den kommenden Monaten weitere Diskussionen über die Funde. Wir freuen uns darauf, die Arbeit in Rhode Island fortzusetzen und in die nächste Phase einzutreten.“

Das Museum startete außerdem ein Webangebot namens Deep Dive, das sich mit den meeresarchäologischen Forschungen der letzten 22 Jahre befasst und Videos, Animationen, Unterwasseraufnahmen und photogrammetrische Datensätze präsentiert.

Die bewegte Geschichte eines Schiffes

Ursprünglich 1764 als Earl of Pembroke vom Stapel gelaufen, wurde das berühmte Schiff 1768 von der britischen Royal Navy in Endeavour umbenannt und für eine große wissenschaftliche Reise in den Pazifik vorbereitet. Noch im Jahr 1768 reiste es in den Südpazifik, zunächst um den Venustransit in Tahiti im Jahr 1769 zu dokumentieren. Nach dieser astronomischen Mission umsegelte das Fahrzeug den Südpazifik auf der Suche nach einem vermuteten großen Landstück im Süden und kartierte 1770 die Küste Neuseelands und die Ostaustraliens (Neuholland). Dabei betraten die Mitglieder die Besatzung als erste Europäer den Ostteil des Kontinents.

Anschließend wurde die Endeavour von der Royal Navy als Transportmittel für den Nachschub zu den Falklandinseln eingesetzt. Im Jahr 1775 wurde sie schließlich in schlechtem Zustand an einen Privatmann verkauft, der es in Lord Sandwich umbenannte. Das Schiff beförderte nun einige Zeit lang Waren in die Ostsee und wurde dann von der Royal Navy als Truppentransporter angemietet. 1776 nahm die Lord Sandwich Soldaten mit in den Kampf gegen die amerikanischen Kolonisten, die versuchten, sich von der britischen Kontrolle zu befreien.

Im August 1778 befand sich die Lord Sandwich im Hafen von Newport und hielt amerikanische Patrioten fest, die von den Briten gefangen genommen worden waren. Als eine französische Flotte von Kriegsschiffen zur Unterstützung der amerikanischen Streitkräfte einlief, versenkten die Briten die Lord Sandwich und vier weitere Schiffe, die Earl of Orford, die Mayflower, die Peggy und die Yowart, um eine Blockade am nördlichen Ende des Hafens zu errichten. Dies geschah ein Jahr vor Cooks Tod auf Hawaii während seiner dritten Pazifikreise und 10 Jahre vor der Ankunft der ersten Flotte in New South Wales.

Schlüsselpunkte für eine Identifizierung der Endeavour

Dem Museum zufolge gibt es mehrere Schlüsselmerkmale, die nun für eine Identifizierung des gefundenen Schiffswracks mit der Endeavour sprechen. So zeigen historische Belege, dass sie das bei weitem größte der fünf britischen Transportschiffe war, die nördlich von Goat Island im Hafen von Newport versenkt wurden. Und tatsächlich ist das jüngst analysierte Schiffswrack RI 2394 deutlich größer als alle anderen Funde von Schiffswracks aus dem 18. Jahrhundert in der fraglichen Region. Die Länge des erhaltenen Rumpfes entspricht fast genau den überlieferten Maßen der Endeavour, auch die strukturellen Details und die Form der Überreste stimmen mit den historischen Plänen überein.

Hinzu kommen spezifische Hinweise wie die Konstruktion des Kiels am Boden des Wracks, die im vorderen Teil des Bugs verwendeten Tischlerarbeiten und die Platzierung des Vor- und Hauptmastes des Schiffes, die ebenfalls mit denen auf den Plänen der Endeavour aus dem 18. Jahrhundert zusammenpassen. Die naturwissenschaftlichen Analysen der Holzproben deuten zudem stark auf ein Schiff hin, das in Europa und nicht in Amerika gebaut wurde.

Arbeiten am möglichen Wrack der Endeavour. Foto: Australian National Maritime Museum.
Arbeiten am möglichen Wrack der Endeavour. Foto: Australian National Maritime Museum.

Einspruch von Kollegenseite

Nur eine Stunde nach der Pressekonferenz, in der die Neuentdeckung bekanntgegeben worden war, meldeten sich jedoch die Mitarbeiter des Rhode Island Marine Archaeology Project, das die Arbeiten vor Ort betreut, und sprachen von „Vertragsbruch“ seitens der australischen Kollegen. Die Leiterin des Projekts, Kathy Abbass, erklärte, die Schlussfolgerungen ihrer Untersuchungen müssten „von einem ordnungsgemäßen wissenschaftlichen Prozess und nicht von australischen Emotionen oder Politik bestimmt“ werden.

„Was wir an der untersuchten Wrackstelle sehen, stimmt mit dem überein, was man von der Endeavour erwarten könnte. Aber es wurden keine unbestreitbaren Daten gefunden, die beweisen, dass es sich bei der Stelle um dieses ikonische Schiff handelt, und es gibt viele unbeantwortete Fragen, die eine solche Identifizierung umstoßen könnten“, so Abbass dem Radio New Zealand zufolge. „Wenn die Studie abgeschlossen ist, wird RIMAP den rechtmäßigen Bericht auf seiner Website veröffentlichen.“

Das Australian National Maritime Museum erklärte auf die Vorwürfe aus den Vereinigten Staaten hin, Kathy Abbass hätte zehn Tage vor der Pressekonferenz einen Bericht mit den Ergebnissen des Museums erhalten. Das Museum verfüge über alle nötigen wissenschaftlichen Informationen von der Fundstelle und könne diese mit hinreichender Sicherheit mit der Endeavour identifizieren. Der angeblich gebrochene Vertrag sei im November letzten Jahres ausgelaufen.

Nach einer Pressemeldung des Australian National Maritime Museum und einem ergänzenden Bericht des Radio New Zealand

Cover der AiD 1/22 "Neanderthaler des Nordens"

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