Die Geschichte von Manheim und Bochheim entdecken

Haus Bochheim mit Mitgliedern des Heimatvereins auf einer Radtour nach Titz zur Außenstelle der LVR-Bodendenkmalpflege
Haus Bochheim mit Mitgliedern des Heimatvereins auf einer Radtour nach Titz zur Außenstelle der LVR-Bodendenkmalpflege, 2018 (Rolf Axer)

Zum Projekt:

Der 1963 gegründete Verein der Heimatfreunde Stadt Kerpen verfolgt satzungsgemäß seit fast 60 Jahren das Ziel, Denkmäler unserer Heimat zu schützen, zu erforschen, zu dokumentieren und zu präsentieren. Der Verein hat daher im Rahmen des „Heimat-Zeugnis“-Förderprogramms beim Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung im Oktober 2019 einen Förderantrag für ein herausragendes archäologisches Vorhaben im Bereich des Kerpener Ortsteils Manheim mit einem Volumen von etwa 1,2 Millionen € gestellt. Im April 2022 wurde der Antrag in voller Höhe bewilligt.: „[…] Auf Ihren o.g. Antrag hin bewillige ich Ihnen eine Zuwendung in Höhe von 1.067.500,00 € […]“

Federführend bei der Antragstellung ist neben dem Vorstand, vertreten durch Susanne Harke-Schmidt und Rolf Axer, Dr. Martin Grünewald, seit 2016 Vereinsmitglied und außerdem zuständi-ger Referent in der Außenstelle Titz des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege. Als Initiator sensibilisierte er nicht nur den Vereinsvorstand, sondern auch die Mitglieder.

Gemeinsam die Geschichte Kerpen-Manheims und Bochheims entdecken

Gegensätzliche Genesen von Heimat zwischen Mittelalter und Moderne werden im Projekt am Beispiel von zwei benachbarten rheinischen „-heim“-Siedlungen erforscht. Warum wurde Manheim über die Jahrhunderte zu einem stattlichen Dorf, während in Bochheim bis zuletzt nur eine Doppelhofanlage stand? Getragen von ehrenamtlichem und professionellem Engagement soll das lokale kulturelle Erbe als gemeinsamer Bezugspunkt durch Ausgrabung, Dokumentation und öffentlichkeitswirksame Präsentation für die Zukunft erhalten werden.

Nach spektakulären Funden und Erkenntnissen vor und begleitend zur Umsiedlung verspricht eine umfassende archäologische Untersuchung mit mehreren Grabungsschwerpunkten weitere wertvolle Erkenntnisse zur Entstehung der typischen rheinischen Bördensiedlung Manheim. Erst kürzlich konnten innerhalb dieser zwei mittelalterliche Höfe aus adligem bzw. klerikalem Besitz lokalisiert werden. Einer davon, ein Rittersitz des 14. Jahrhunderts, kann innerhalb Manheims nahe der ehemaligen Kapelle an der Forsthausstraße ausgegraben werden. Flächig untersucht wird die bereits zurückgebaute Doppelhofanlage Bochheim aus dem Eigentum des Altenberger Klosters. Der freistehende, durch Gräben umwehrte und 1138 erstmals erwähnte Hof Bochheim auf Kerpener Gemarkung ist ein Bodendenkmal. Über den lokalen Lebensalltag und die dortigen Bauphasen des Mittelalters und der frühen Neuzeit kann nur die Archäologie Zeugnis ablegen.

Zwei kleinere Projekte, finanziert von der Stiftung Archäologie im Rheinischen Braunkohlenrevier, bilden wichtige Bausteine zum größeren Forschungsvorhaben, welches nun beginnt. Innerhalb des „Kellerkatasters“ an der Schnittstelle zwischen Bau- und Bodendenkmalpflege wurden – erst-mals an einem abgehenden Ort – alle Keller des historischen Ortskerns betrachtet. Die spannends-ten 48 von insgesamt mehr als 140 Kelleranlagen wurden systematisch begutachtet, zeichnerisch erfasst und dokumentiert. Da die Keller oftmals sehr viel älter als die über ihnen erhaltenen Ge-bäude und älter als die ältesten Baudenkmäler Manheims sind, lässt sich die Siedlungsgenese mit den Ergebnissen aus dem Kellerkataster nachzeichnen. Begleitend zum Abriss der Anwesen wur-den aus zahlreichen Fachwerkbauten Balken zwecks dendrochronologischen Datierungen ent-nommen.

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Berichte zu neuen Ausgrabungen und eindrucksvollen Funden der archäologischen Forschung in Deutschland finden Sie in jedem Heft unter der Rubrik »Aktuelles aus der Landesarchäologie«.

Für das sogenannte Mikrosondagenprojekt der Universiät Bamberg wurden im Sommer 2020 im Ortsbereich von Manheim rund 170 Sondagen angelegt, die eine Vielzahl keramischer Funde erbracht haben. Nach dem Volumen genau bemessene Stichproben des Sondagenaushubs wurden durchgesiebt. Das Bamberger Programm hilft, die geplanten Ausgrabungen in einen grö-ßeren siedlungsgenetischen Kontext zu stellen. Es zeigt zugleich, wie wichtig die detaillierte Un-tersuchung der Hofstellen im Ortskern um die Kirche ist.

Ein Statement von Prof. Dr. Rainer Schreg von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg zu diesem Projekt liegt der Pressemappe bei: „[…] Die Bewilligung des Projektes Manheim und Bochheim vom Mittelalter bis in die Moderne […] bedeutet für die Kenntnis der Rheinischen Siedlungsgeschichte während des Mittelal-ters und der Neuzeit endlich die Chance, auf die die Fachwelt seit 50 Jahren wartet. […]“

Projekte dieser Art sind bisher weder im Rheinland noch darüber hinaus realisiert worden

Zusammen mit den archäologischen Flächengrabungen des Heimatzeugnis-Projekts, den Er-gebnissen aus dem Kellerkataster, den Mikrosondagen, den dendrochronologischen Untersu-chungen der Fachwerkhäuser sowie der archivalischen Überlieferung werden wir künftig in der Lage sein, die historische Entwicklung Manheims von den Anfängen bis zur Umsiedlung nach-zuvollziehen. Das ist einzigartig für ein Dorf in unserer rheinischen Bördenlandschaft.

Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen existiert nun die einmalige Chance, alle einzigartigen Forschungsergebnisse dort zu präsentieren, wo sich die Geschichte ereignet hat: in Manheim, in der ehemaligen Pfarrkirche St. Albanus und Leonhardus sowie in den in Manheim noch existierenden unter Denkmalschutz stehenden Objekten. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, an dieser Stelle auch die Entwicklung der Braunkohlenförderung im rheinischen Revier zu präsentieren, die im besonderen Maße auch die Kerpener Ortsteile schon seit dem 17. Jahrhundert geprägt hat: vom Einfluss des Klerus und der Adelsfamilien über kleine Aktiengesellschaften bis hin zum heute weltweit agierenden Konzern.

Finanzielle und ehrenamtliche Unterstützung

Viele Mitglieder und Einrichtungen haben das Projekt bisher schon unterstützt, entweder durch tatkräftige Hilfe vor Ort in Manheim oder durch finanzielle Zuwendungen. Der Verein hat einen nicht unerheblichen Eigenanteil von 10% der Fördersumme durch Eigenleistungen oder durch Geldmittel selbst zu tragen. Wir bitten an dieser Stelle um Ihre Unterstützung! Unser Projekt soll auch durch ehrenamtliches Engagement getragen werden!

Nach einer Pressemitteilung der Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V.

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