Eine neolithische Siedlung auf Korsika

Auf der Insel Pietra in der Gemeinde L’Île Rousse im ehemaligen Département „Haute-Corse“ im norden der Insel Korsika hat das Inrap (französische Abkürzung für „Nationales Institut für präventive archäologische Forschung“) vor kurzem jungsteinzeitliche Überreste auf der Trasse der Straße zum Leuchtturm freigelegt.

Gesamtansicht der Insel und der Ausgrabung aus der Luft.
Gesamtansicht der Insel und der Ausgrabung aus der Luft. © ARPCC

Im Rahmen der Erschließung der kleinen Inseln von Île-Rousse durch das Conservatoire du Littoral (eine französische öffentliche Organisation zum Schutz der französischen Küstengewässer) und auf Anordnung der korsischen Kulturbehörde führte das Inrap eine archäologische Überwachung der Arbeiten auf der kleinen Insel Pietra durch. Ziel dieser präventiven Maßnahme war es, das Vorhandensein von Überresten früherer Besiedlungen, insbesondere aus dem Altneolithikum (6. Jahrtausend v. Chr.), zu überprüfen.

Frühere systematische Ausgrabungen in diesem Gebiet

Die systematischen archäologischen Arbeiten, die zwischen 1983 und 2006 von M.-C. Weiss (Universität Corte) und seit 2019 von J. Sicurani (ARPCC) geleitet wurden, haben es ermöglicht, eine Besiedlung an der Küste von Korsika zu charakterisieren, die in einer Senke entlang der Straße zum Leuchtturm angesiedelt war. Dabei wurden mehrere ganze Grundflächen von Hütten aus dem Neolithikum freigelegt. Das auf Pietra gefundene Fundmaterial besteht aus einer großen Menge an geschliffenen Steinen und Keramiken. Letztere zeugen von einem vielfältigen Material (Schaber, Meißel, Klingen usw.), vor allem aber von mehreren hundert scharfen Schneidewerkzeugen. Die Verzierungen der Keramiken gehören zum Stil der zweiten Hälfte des 6. Jahrtausends, in dem Drucke mit Cardium-Muscheln vorherrschend sind.

Die landwirtschaftliche Tätigkeit wird durch die Entdeckung von Getreidemühlen und einigen Gegenständen mit Gebrauchsspuren (Sichelteile) belegt. Auch die palynologischen Analysen bestätigen diese noch in den Kinderschuhen steckende landwirtschaftliche Praxis; die in den untersuchten Schichten gesammelten Pollen zeigen insbesondere eine entwaldete Landschaft, deren Ursprung sicherlich anthropogen ist.

AiD Cover 220

Das könnte Sie auch interessieren!

Altsteinzeit im Osten Frankreichs – Neue Eiszeitkunst entdeckt

Etwa 60 km südlich Dijon fand ein Team der Universität Tübingen neue Höhlenbilder (AiD 2/ 2019, S. 5). Der Autor ist federführend und berichtet, wie man den mindestens 15.000 Jahre alten Gravierungen und Malereien mithilfe ausgeklügelter Methoden auf die Spur kam.

Abgrenzung der neolithischen Stätte auf Korsika

Bei der im Februar 2022 durchgeführten präventiven archäologischen Maßnahme wurde festgestellt, dass es auf einem Teil der Straßentrasse keine alten Überreste gibt, aber es wurden Elemente der Erschließung in den 1850er Jahren (Aufschüttungen verschiedener Art, Zerschneiden und Einebnen des anstehenden Felsens) vor dem Bau des Leuchtturms im Jahr 1857 aufgedeckt. Diese neuere Erschließung führte zu einer Umgestaltung eines Teils der neolithischen Stätte.

Bauliche Überreste und Kleinmobiliar entdeckt

Die Archäologen des Inrap förderten unter der heutigen Straße auch seltene neolithische Artefakte zutage: Aus verschiedenen Steinarten (Obsidian, Rhyolith, Quarz und seltener Feuerstein) geschnitzte Werkzeuge, geformte Keramik sowie jüngere Elemente wie Ziegel- und Dachziegelfragmente und gedrehte Keramik wurden entdeckt.

Darüber hinaus wurden bei der Ausgrabung auch mehrere Gruben entdeckt, die zur Entnahme des Granitsubstrats für den Straßenbau dienten. Ein Pfostenloch wurde identifiziert, das mit der bekannten neolithischen Siedlung weiter unterhalb des Ausgrabungsareals übereinstimmen könnte. Weitere Laboruntersuchungen und eine Radiokohlenstoffdatierung werden durchgeführt, um diese Hypothese zu verifizieren.

Nach einer Pressemitteilung des Inrap (L’institut national de recherches archéologiques préventives).

Unser Jahres-Abo

Jahresabonnement Archäologie in Deutschland

  • 14% Preisvorteil
  • jederzeit kündbar nach Ablauf der Mindestlaufzeit von einem Jahr
  • portofreie Zustellung vor Erstverkaufstag 
  • wbg-KulturCard gratis
  • vergünstigter Eintritt zu ausgewählten Veranstaltungen
  • 9 Hefte im Jahr