Die Römer brachten das Maultier mit

Alte DNA und Zähne helfen bei der Beantwortung der Frage „Wie kam das Maultier nach Deutschland?“

Historisches Foto eines Maultiers aus dem Museum für Haustierkunde, Halle. Maultier „Lotte“, Geschlecht: weiblich, Geburtsdatum: 12.06.1903, Tag der Aufnahme: 23.01.1911.
Historisches Foto eines Maultiers aus dem Museum für Haustierkunde, Halle. Maultier „Lotte“, Geschlecht: weiblich, Geburtsdatum: 12.06.1903, Tag der Aufnahme: 23.01.1911
(Bild: Museum für Haustierkunde, Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle Wittemberg)

Erst die Römer brachten auch Maultiere im ersten Jahrhundert über die Alpen nach Norden, davor wurden in Mitteleuropa ausschließlich Pferde als Reittiere genutzt. Das zeigen die Genanalysen einer Forschergruppe der Universität Wien, des ArchaeoBioCenters der LMU München sowie der Staatssammlung für Paläoanatomie München (SNSB-SPM). Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher:innen nun in der Fachzeitschrift Journal of Archaeological Science.

Bis zum Ende der Eisenzeit (ca. 1. Jahrhundert vor Chr.) wurden in den keltischen Siedlungen im nördlichen Alpenvorland ausschließlich Pferde gezüchtet. Die von den Kelten hochgeschätzten „Tiere für die Elite“ fanden vor allem bei Militäreinsätzen Verwendung. Als die Römer kurz vor Christi Geburt in die Gebiete nördlich der Alpen vordrangen und sich dort ansiedelten, brachten sie aus dem Mittelmeerraum auch Maultiere mit. Diese waren beim Militär als Pack- und Arbeitstiere hoch angesehen. Die Römer schätzten die Esel-Pferd-Kreuzungen, sogenannte Hybride, insbesondere in Bezug auf ihre Kraft, Ausdauer und Trittsicherheit im Gebirge. Außerdem kommen Maultiere mit wenig wertvollerem Futter aus und sind widerstandsfähiger Krankheiten gegenüber als Pferde und Esel.

 3D Ansicht des linken Talus (Sprungbeinknochen) eines Maultieres (männlich, kastriert) aus der Staatssammlung für Paläoanatomie München.
3D Ansicht des linken Talus (Sprungbeinknochen) eines Maultieres (männlich, kastriert) aus der Staatssammlung für Paläoanatomie München.
(Bild: Michaela Zimmermann, LMU)

Der Beginn der wirtschaftlichen und militärischen Bedeutung von Maultieren für die Menschen in Siedlungsgebieten nördlich der Alpen war bisher mit Unsicherheiten behaftet. Selbst für Fachleute ist es schwierig, die archäologischen Überreste von Equiden – Pferde, Esel sowie deren Kreuzungen, die Maultiere und Maulesel – voneinander zu unterscheiden. Zu ähnlich sind sich die meisten Skelettelemente der Tiere aus dieser Gruppe. Ein Forscherteam der Universität Wien, des Lehrstuhls für Paläoanatomie, Domestikationsforschung und Geschichte der Tiermedizin der LMU München sowie der Staatssammlung für Paläoanatomie München hat nun in einer Studie die alte DNA von über 400 Equiden aus einer keltischen und sieben römischen Siedlungen in den nördlichen Provinzen des Römischen Reichs – heute Süddeutschland, Ostschweiz und Österreich – untersucht. Die Genanalysen verglichen die Forscher:innen mit den Ergebnissen der klassischen Methoden zur Artbestimmung, der Analyse der Morphologie, Form und Größe von Unterkieferzähnen und ausgewählten Knochen. Überreste von Maultieren fanden sich nur in den römischen Siedlungen. Außerdem zeigten die Untersuchungen, dass Maultiere sich nicht nur anhand ihrer altDNA identifizieren lassen, sondern auch durch die Merkmale insbesondere ihrer vorderen Backenzähne, den sogenannten Prämolaren.

„Voraussetzung für die sichere Identifikation der Pferd-Esel-Hybridformen sind allerdings umfassende Referenzsammlungen von Equidenskeletten, damit Forscherinnen und Forscher diese mit archäologischen Funden vergleichen können“, erläutert Prof. Dr. Peters, Direktor der Staatssammlung für Paläoanatomie München und Inhaber des Lehrstuhls für Paläoanatomie, LMU München. „Nicht immer ist im archäologischen Fundmaterial DNA ausreichend gut erhalten, um Tiere sicher bestimmen zu können. Daher ist auch für die Erforschung vergangener Kulturen der Aufbau von umfangreichen naturkundlichen Sammlungen unabdingbar.“

Nach einer Pressemitteilung der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns.

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