Einstige Schiffswerft der Wikingerzeit in Birka entdeckt

Ein Team des Archäologischen Forschungslabors der Universität Stockholm hat in Birka auf Björkö im Mälarsee eine einzigartige wikingerzeitliche Werftanlage lokalisiert. Die Entdeckung stellt bisherige Theorien darüber in Frage, wie die Seefahrt in der Wikingerzeit organisiert war.

»Eine solche Stätte wurde noch nie zuvor gefunden, es ist die erste ihrer Art, aber die Funde zeigen überzeugend, dass es sich um eine Werft handelte«, sagt Sven Isaksson, Professor für archäologische Wissenschaften an der Universität Stockholm, der die Untersuchungen zusammen mit Sven Kalmring, außerordentlicher Professor an der Universität Stockholm und Experte für Häfen und Urbanisierung in der Wikingerzeit am Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie in Schleswig, leitete.

Große Mengen an Bootsmaterial

Bei der Fundstelle handelt es sich um eine mit Steinen ausgekleidete Vertiefung in der wikingerzeitlichen Uferzone mit einer hölzernen Bootsrutsche am Boden. Bei den Funden handelt es sich um große Mengen an ungebrauchten und gebrauchten Bootsnieten, Wetzsteinen aus Schiefer und Holzbearbeitungswerkzeugen.
»Die Funde von Artefakten aus dem Gebiet zeigen mit großer Deutlichkeit, dass die Menschen hier ihre Schiffe bedient haben«, so Isaksson.

Ausgrabung Birka
Foto: Universität Stockholm

Reiche maritime Kulturlandschaft

Bei früheren Untersuchungen wurden bereits einige der Überreste gesichtet, aber erst die jüngsten Funde ermöglichen eine umfassende Betrachtung.
»Durch systematische Vermessung, Kartierung und Drohnenuntersuchungen können wir nun zeigen, dass Birka neben dem städtischen Umfeld auch eine sehr reiche maritime Kulturlandschaft mit Überresten von Anlegestellen, Bootsanlegern und Werften aufweist«, sagt Sven Isaksson.

Austausch von Waren und Ideen

Schiffe und Schifffahrt sind charakteristisch für die Wikingerzeit in den nordischen Ländern, sowohl für die Kriegsführung als auch für den Handel. Ein Ausdruck des wikingerzeitlichen Fernhandels sind die stadtähnlichen Handelsposten, die zu dieser Zeit in den nordischen Ländern entstanden. In Schweden ist das am besten erhaltene Beispiel die UNESCO-Welterbestätte Birka auf Björkö im Mälarsee.
»Es handelt sich nicht nur um die ersten städtischen Gebiete, sondern zeigt auch einen intensiven Austausch von Handelswaren und Ideen zwischen den Menschen«, so Kalmring.

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Archäologisch unerforscht

Die Stadtbefestigung um Birka diente nicht nur der Verteidigung, sondern auch als rechtliche, wirtschaftliche und soziale Grenze. Bisherige Untersuchungen der Hafenanlagen in Birka wurden meist innerhalb des Stadtwalls, im Bereich des so genannten Schwarzerde-Hafens und unterhalb der so genannten Garnison durchgeführt. Die neu entdeckte Werft in Kugghamn befindet sich zusammen mit einer Reihe anderer maritimer Überreste außerhalb der Stadtmauer von Birka, am Nordufer der Björkö.
»Durch die Untersuchung verschiedener maritimer Elemente in Verbindung mit einem möglichen Hausstandort in Kugghamn versuchen wir nun, einen Gesamtüberblick über ein sehr spannendes und bisher archäologisch völlig unerforschtes Umfeld zu bekommen«, sagt Sven Kalmring.

Funde werfen neue Fragen auf

Um Quellenmaterial zu sichern, das unser Wissen über die maritime Kulturlandschaft von Birka nuancieren kann, werden die archäologischen Untersuchungen fortgesetzt. Unter anderem werden die Überreste einer Bootsanlegestelle außerhalb der Stadtmauer untersucht, die ähnlich wie die Werftanlage und anders als die bisher untersuchten Hafenreste in der Schwarzen Erde liegt. Eine weitere Frage, die die Archäologen zu beantworten versuchen, ist, wer dort anlegen durfte.
»Konnte jeder überall anlanden, oder spielte es eine Rolle, ob es innerhalb oder außerhalb der Stadtmauer war? Hier gibt es viel zu rätseln. Aber für uns endet die Untersuchung nicht mit der Feldarbeit, sondern wir setzen sie im Labor fort. Durch den Einsatz analytischer Labortechniken erhalten wir mehr Informationen aus dem fragmentarischen Quellenmaterial, als es sonst möglich ist«, sagt Sven Isaksson.

Nach Pressemitteilung der Universität Stockholm