Detektorprospektion in parallelen Reihen

Suchen, Sammeln, Sondengehen – eine Frage des Vertrauens

Ob aus Lust an der »Schatzsuche«, purer Neugier oder wissenschaftlichem ­Interesse: Das Sondengehen erfolgt immer häufiger fernab des ­Rahmens archäologischer Grabungen. Ein Blick auf Nordrhein-Westfalen zeigt, was dort geht und was nicht.

Von Erich Claßen und Michael M. Rind; Titelbild: Kooperation im Gelände. Gemeinsames Sondengehen durch Privatpersonen mit denkmalrechtlicher Erlaubnis und die Denkmalfachämter sind Zeichen der häufig vertrauensvollen Zusammenarbeit, die dann auch Gebiete betreffen kann, für die üblicherweise keine Erlaubnisse erteilt werden. Foto: Manuel Zeiler, LWL-Archäologie für Westfalen

Das Hobby Sondengehen erfreut sich eines immer größeren Zulaufs. Es gibt jedoch zwischen vorbildlicher Kooperation mit der amtlichen Bodendenkmalpflege bis zu kompletter Verweigerung der Zusammenarbeit viele Schattierungen. Die Einhaltung von Regeln, intensive Beratung und eine offene Kommu­nikation lassen uns für Nordrhein-Westfalen eine insgesamt positive Entwicklung feststellen.

Metallsonden gehören zu den gängigen Werkzeugen in der Archäologie. Nicht nur vor und während von Fachleuten durchgeführter Ausgrabungen werden sie eingesetzt, sondern auch eine immer größere Zahl engagierter Bürgerinnen und Bürger greift zur Sonde und birgt Funde. Das damit verbundene Konfliktpotenzial ist ­bekannt und wird immer wieder von unterschiedlichster Seite befeuert. Ein vermeintlicher Gegensatz, vornehmlich zwischen sogenannter Amtsarchäologie und Sondengängern, wird heraufbeschworen, den man unseres Erachtens so nicht sehen muss bzw. den man durch die Einhaltung gewisser Spielregeln minimieren kann.

Das Bestreben der nordrhein-westfäli­schen Landesarchäologien ist daher auf die Kanalisierung des bürgerschaftlichen Engagements gerichtet, um Quellen für die Forschung nicht zu gefährden. Die gesetzliche Vorgabe »Die Erhaltung von Quellen für die Forschung darf durch eine Grabung oder Bergung nicht gefährdet werden« ist grundlegend für die Erlaubnispflicht zum Einsatz von Metallsonden mit anschließender Fundbergung. Ein am Einsatz der Metallsonde Interessierter muss also einen Antrag vorlegen, aus dem hervorgeht, welche Flächen er genau begehen möchte, sodass eine Prüfung entsprechend der genannten Vorgaben erfolgen kann. Weiterhin dienen Beratungsgespräche mit Antragstellern dazu, die Erteilung der Erlaubnis zu ermöglichen, da unter anderem darüber informiert wird, wie eine Bergung vonstattengehen muss, um eine Zerstörung möglicher Befunde im Untergrund zu vermeiden. Wird bei Prüfung der Antragsunterlagen festgestellt, dass die Erhaltung von Quellen für die Forschung nicht gefährdet ist, ist die Erlaubnis durch die Oberen Denkmalbehörden im Benehmen mit den Denkmalfachämtern zu erteilen. Darüber hinaus sind die entdeckten Bodendenkmäler – und als solche sind auch einzelne Fundobjekte zunächst anzusehen – den Denkmalbehörden oder Denkmalfachämtern zu melden. Auf diese beiden recht einfachen Verfahrensschritte zielt die seit einigen Jahren in Nordrhein-Westfalen forcierte Aufklärungsarbeit, um potenziell für die Landesgeschichte bedeutsame Funde an zentralen Stellen registrieren und dokumentieren zu können.

Cover AiD 321

Das könnte Sie auch interessieren!

Sondengänger unterschlägt bronzezeitlichen Hort

Raubgräber sorgten in Sachsen-Anhalt schon einmal für Aufsehen. 2002 wurde die Himmelsscheibe von Nebra sichergestellt, heute Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes. Ein kürzlich abgeschlossenes Gerichtsverfahren in Merseburg zeigt: Illegales Sondengehen ist nach wie vor ein virulentes Problem.

Partnerschaft auf Augenhöhe

Dass dies nicht immer gelingt, zeigen verschiedene, wenn auch seltener werdende krasse Fälle sogenannter Raubgrabungen, bei denen ohne Erlaubnis Funde geborgen und nicht gemeldet werden, die dann aber doch an die Öffentlichkeit gelangen. In diesen Fällen, die sicherlich nur die Spitze des Eisberges unerlaubter Bergungen darstellen, wird dann auch entsprechend ordnungsbehördlich oder gar strafrechtlich vorgegangen.

Wesentlich häufiger erreichen wir aber durch intensive Beratung derjenigen, die in ihrer Freizeit Sondengehen, die von den Landesarchäologien gewünschten positiven Effekte: Begehungen werden systematisch durchgeführt, Funde werden nur aus der Pflugschicht geborgen, mit GPS-Koordinaten eingemessen, sachgerecht verpackt und den Denkmalpflegeämtern zur Bestimmung vorgelegt. Hierdurch werden neue Fundstellen bekannt oder neue Informationen zu bekannten Fundstellen kommen hinzu, sodass beispielsweise Datierungen, funktionale Deutungen oder die Größe von archäologischen Plätzen verlässlicher beurteilt werden können.
Ein Nachteil dieses grundsätzlich positiv zu bewertenden Trends zu einer vertrauensvollen Partnerschaft auf Augenhöhe ist, dass der dafür zu betreibende Aufwand die Landesarchäologien in Nordrhein-Westfalen an und teils über die Grenzen ihrer personellen Leistungsfähigkeit führt: Die Zahl der Antragstellenden hat sich in den letzten zehn Jahren etwa verzehnfacht, wodurch sich auch die Zahl der Fundmeldungen vervielfacht hat. Personell kann diesem Zusatzaufwand nur marginal mit befristet eingestelltem Personal bzw. durch eine unterschiedliche Priorisierung von Aufgaben entgegengewirkt werden. Hieraus folgt aber als negativer Effekt, dass den betroffenen Mitarbeitenden der Landesarchäologien intensives wissenschaftliches Arbeiten nur noch sehr eingeschränkt möglich ist, wodurch der eigentliche historische Erkenntnisgewinn, der mit den zusätzlichen Informationen verbunden sein könnte, nur unzureichend herausgearbeitet werden kann.

Ganz schön dreist. »Loch« einer Raubgrabung in unmittelbarer Nähe einer regulären Ausgrabung. Die Funde sind für immer verschollen. Bei der hier gezeigten nachträglichen Dokumentation konnte kein aussagekräftiger Befund mehr festgestellt werden. Foto: Johannes Tieke, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland

Vom Delikt zum legalen Hobby

Aufmerksamkeit erregen daher vor allem herausragende Einzelstücke, denen aus sich heraus eine »besondere wissenschaft­liche Bedeutung« zugesprochen werden kann, sodass diese – sofern die Auflagen eingehalten wurden – unter Zahlung einer finanziellen Belohnung in Landeseigentum übergehen. Fundkomplexe, die häufig erst nach Jahren systematischer Begehungen derselben Parzellen ihre wissenschaftliche Bedeutung erkennen lassen, sind diesbezüglich unterrepräsentiert, da durch die Belastung mit dem Tagesgeschäft die detaillierte Analyse ganzer Inventare zurückgestellt werden muss. Angesichts Zehntausender Funde, die so seit der diesbezüglichen Gesetzesänderung 2013 vorgelegt wurden, ist die Zahl dieser sogenannten Schatzregalfunde mit 109 (Stand Oktober 2021) aber erstaunlich klein und die damals, auch aus der sogenannten Sondengängerszene, geäußerten Befürchtungen einer weitgehenden »Enteignung« haben sich offensichtlich nicht bewahrheitet: Der Regelfall ist die Rückgabe der Funde, die zuvor natürlich durch Dokumentation für die Wissenschaft erschlossen werden.

Alles in allem ist für uns festzustellen, dass sich die Kommunikation lohnt, und wir hoffen, dass diejenigen, die sich diesem Hobby verschrieben haben, es bislang aber versäumt haben, eine Erlaubnis zu beantragen oder ihre Funde zu melden, dies nachholen und – wie so viele andere – den Weg einer sinnvollen, gesetzeskonformen Zusammenarbeit einschlagen.

Aktuelles aus der Landesarchäologie

Stets informiert – immer aktuell!

Direkt aus den Bundesländern

Berichte zu neuen Ausgrabungen und eindrucksvollen Funden der archäologischen Forschung in Deutschland finden Sie in jedem Heft unter der Rubrik »Aktuelles aus der Landesarchäologie«.