Das gesprengte Schloss von Nordheim

Fayenceteller aus der Manufaktur Beyreuth, erste Hälfte 18. Jh.
Bei Grabungen im unbebauten Schlossareal von Nordheim kam unter anderem dieser Fayenceteller aus der Manufaktur Beyreuth, erste Hälfte 18. Jh., zutage. Foto: E. Pietschmann, TLDA, Römhild.

In Nordheim, Lkr. Schmalkalden-Meiningen, befand sich das Residenzschloss der gleichnamigen Linie des fränkischen Adelsgeschlechtes von Stein. Die vorher noch unversehrte Anlage wurde 1948 gesprengt und teilweise überbaut. Eine Platzneugestaltung erforderte 2021 bauvorgreifende archäologische Untersuchungen durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA) im unbebauten Schlossareal.

Die aufgedeckten Mauerstrukturen konnten vier Bauphasen zugeordnet werden, deren älteste einen steinernen Wohnbau des 14. Jh. bezeugt. Ihm ein Handheller aus der Reichsmünzstätte Schwäbisch Hall zuzuordnen. Der Wohnbau besaß einen Ost-West-ausgerichteten, rechteckigen Grundriss von 17 × 12 m mit einer Fundamentmauerstärke von 1,10 m. Das Gebäude wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jh. durch vorgesetzte Mauerschalen ertüchtigt und um einen an die Nordfassade angesetzten Treppenturm ergänzt. Dieser Umbauphase ist auch ein Graben zwischen dem nördlich vorgelagerten Wirtschaftsbereich und dem Wohnbau zuzuordnen, der der Versorgung einer unweit des Schlosses gelegenen Mühle mit Wasser gedient haben dürfte, deren Ersterwähnung in diese Zeit fällt.

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Im 18. Jh. begann die Umgestaltung zu einer repräsentativen Familienresidenz. Zu diesem Zweck wurde 1708 der Wohnbau um 8 m nach Westen vergrößert und die Nordfassade im barocken Stil umgestaltet. Damit gehen die Niederlegung der vorhandenen Grabenstruktur und des renaissancezeitlichen Treppenturms sowie die Gestaltung des Schlossvorplatzes einher.

Bis zur Mitte des 19. Jh. erfolgte ein den Wohnbau klammerförmig umschließender, eingeschossiger Anbau, dessen zentraler Bereich eine Orangerie beherbergte. In den Fundamentresten der südlichen Wohngebäudefront zeigten sich zwei Abortschächte sowie ein steinerner, überwölbter Abwasserkanal aus der barocken Umbauzeit. Zur Verfüllung gehören ein bronzenes Rasiermesser, umfangreiches Tafelgeschirr, darunter wappengeschmückte Trinkgläser, Fayencen, Porzellan sowie ein Wachssiegel. Im Fußbodenbereich des Schlosses überdauerte ein spätbarocker Kachelofen, der spätestens mit dem Einbau einer modernen Heizung 1911 abgebaut wurde und mit seiner prächtigen Ausstattung in Südthüringen ohne Vergleich ist. 

M. Grosch, M. Seidel

Mit freundlicher Genehmigung des Thüringischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie