Ausgrabungen zeigen das Leben der frühesten Homo sapiens in Europa

Archäologische Funde in Rumänien offenbaren eine mögliche „Projektilwerkstatt“ des frühen modernen Menschen (Homo sapiens), die belegen könnte, wie sich seine Subsistenzstrategien im Vergleich zum Neandertaler verändert haben.

Neue Forschung gibt Einblicke in das Leben und die handwerklichen Fähigkeiten der ersten modernen Menschen in Europa vor etwa 40.000 Jahren und ermöglicht einen Einblick in die Anpassung des Homo sapiens an seine Umwelt auf dem neu besiedelten Kontinent. Die Studie, die im Fachjournal Nature: Scientific Reports veröffentlicht wurde, berichtet über jüngste Ausgrabungen in Romanesti-Dumbravita im Westen Rumäniens. Hier liegt eine der wichtigsten Fundstellen von Artefakten in Südosteuropa, die von den frühesten modernen Menschen stammen. Die Ausgrabung wurde von dem Archäologen Dr. Wei Chu von der Universität zu Köln und der Universität Leiden geleitet, mit Beiträgen von Dr. Jacopo Gennai von der Universität zu Köln und der Universität Pisa.

In Südosteuropa wurden schon in der Vergangenheit viele Fossilien des frühen Homo sapiens gefunden – vermutlich, weil erste Gruppen zuerst über die Balkanhalbinsel auf den Kontinent kamen. Dennoch wurden nur wenige Fossilien des Homo sapiens  zusammen mit kulturellen Gegenständen gefunden. Die zahlreichen Artefakte, die in Romanesti-Dumbravita bislang gefunden wurden, sind ein wichtiges Fenster um nachzuvollziehen, wie die ersten europäischen Homo sapiens in ihrer neuen Umgebung zurechtkamen.

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Das Forschungsteam fand zahlreiche Gegenstände die darauf hindeuten, dass in Romanesti-Dumbravita hochgradig standardisierte Klingen aus behauenem Stein hergestellt wurden, die vermutlich als Einsätze für Pfeile oder Speere dienten. Außerdem sind anscheinend bestimmte Schleifsteine zum Richten von Holzschäften verwendet worden. Das deutet darauf hin, dass Romanesti-Dumbravita eine Art Projektilwerkstatt war. Mikroskopische Analysen der Oberflächen der Artefakte stützen diese These, denn sie zeigen, dass die meisten von ihnen nie benutzt wurden. Dies deutet darauf hin, dass die Stätte zur Herstellung für Werkzeuge genutzt wurde, die später an einen anderen Ort transportiert wurden.

Romanesti-Dumbravita muss ein wichtiger Ort in der Umgebung gewesen sein, denn die Forschenden fanden Tausende von Artefakten, von denen einige aufgrund ihrer geochemischen Zusammensetzung aus über 300 km Entfernung an den Fundort gebracht worden sein müssen. Auch existieren Belege für die Nutzung von Feuer vor Ort. Das zeigt, dass frühe Homo sapiens in der Gegend immer wieder an diesen Ort zurückkehrten.

Die neuen Ausgrabungen in Romanesti-Dumbravita belegen darüber hinaus, dass sich die Lebensweise des Homo sapiens im Vergleich zum Neandertaler verändert hatte, was seinen Erfolg erklären könnte. „In der Umgebung gefundene Fossilien aus dieser Zeit deuten darauf hin, dass sich Homo sapiens und Neandertaler gekreuzt haben. Wir wissen aber noch nicht, wie sich dadurch ihre jeweilige Lebensweise verändert hat und wie sich das in ihren archäologischen Überresten zeigt“, sagte Dr. Jacopo Gennai vom Institut für Ur-  und Frühgeschichte der Universität zu Köln. Das Institut für Ur- und Frühgeschichte führt seit 2008 in Rumänien Untersuchungen durch, die unter der Leitung von Prof. Jürgen Richter im Rahmen des Sonderforschungsbereich 806 „Our Way to Europe“ von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Der nächste Schritt für die Wissenschaftler*innen ist nun der Versuch, die Beziehung zwischen diesen frühen Homo sapiens und den früheren Neandertalern zu klären.

Zur Veröffentlichung:
https://www.nature.com/articles/s41598-022-15544-5

Nach einer Pressemeldung der Universität Köln.

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