Blick ins mittelalterliche Lippstadt

In der Fläche sind anhand der Verfärbungen gut die verschiedenen Bodenhorizonte zu erkennen. Die lehmfarbenen Bereiche datieren die Expert:innen ins späte Mittelalter (Foto: EggensteinExca/T.Evers).

Ausgrabung an der Cappelstraße gibt 800 Jahre Stadtgeschichte frei

Das Team einer archäologischen Fachfirma hat, begleitet durch den Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL), inmitten der Lippstädter Altstadt zahlreiche Spuren aus dem Mittelalter aufgedeckt. Die Spuren, darunter Keramik und ein Kamm aus Hirschknochen, reichen bis in das 12. Jahrhundert zurück.

An der Cappelstraße 31 wurden die Ergebnisse am Dienstag (22.11.) der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu sehen sind auf der 350 Quadratmeter großen Untersuchungsfläche die Spuren mehrerer Brände, aber auch Alltagsgegenstände wie Keramik oder ein Kamm aus Hirschknochen kamen ans Licht.

„Selten bietet sich die Gelegenheit, ein so großes Grundstück innerhalb der Altstadt archäologisch zu untersuchen, ohne dass der Blick in den Boden durch moderne Bodeneingriffe gestört wird“, so Dr. Michael Malliaris, Fachmann für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie bei der LWL-Archäologie Für Westfalen.

Brände und Überschwemmungen

Bereits seit Anfang Oktober ist Grabungsleiter Thies Evers hier mit seinem Team am Werk und hat eine Bandbreite archäologischer Befunde und Funde zusammentragen können. Seit der Stadtgründung lag die Cappelstraße an der wichtigsten Handelsstraße durch das mittelalterliche Lippstadt. Dass hier reges Treiben herrschte, können die Fachleute anhand zahlreicher Spuren nachweisen. Außerdem sind sich die Expert:innen sicher, dass sich an dieser Stelle des Lippstädter Stadtkerns mindestens drei Brände ereignet haben müssen.

Die Wahl des verkehrsgünstigen, aber auch hochwassergefährdeten Siedlungsplatzes in der Lippeniederung sei für die Archäolog:innen ein Glück. Der feuchte Untergrund begünstige hervorragende Erhaltungsbedingungen, erklärte Evers: „In den untersten Fundschichten haben sich 800 Jahre alte Holzpfosten, Schwellbalken von Fachwerkgebäuden und Schalbretter von Brunnengruben perfekt erhalten.“ Als Schutz gegen häufiger auftretende Überschwemmungen hätten die früheren Bewohner:innen bei jedem Um- oder Neubau ihrer Häuser eine neue Planierschicht auf ihren Grundstücken angelegt und sich so im Laufe der Jahrhunderte buchstäblich hochgewohnt, führte der Grabungsleiter aus.

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Die jüngsten Fundamentmauern aus Bruchstein, die die Archäolog:innen entdeckten, datieren in das 16. Jahrhundert. Reste der ältesten Holzbauten fanden sich fast einen Meter tief und datieren ersten Schätzungen nach in das ausgehende 12. Jahrhundert.
„In diesem Zeitraum hat es mindestens drei große Schadenfeuer gegeben, bei denen die Lehmwände der Fachwerkbauten durch große Hitzeeinwirkung verziegelten und schließlich die ehemaligen Lehm-Estriche unter sich begruben“, rekonstruierte Evers das Geschehen. Der Archäologe erkenne dies an der deutlichen Rotfärbung der Brandschuttpackung. Darunter habe sich vieles erhalten, was die mittelalterlichen Lippstädter:innen damals nicht mehr retten konnten: Kochstellen oder Ofenreste mit dazugehörigem Geschirr, Werkzeuge aus Eisen und Kämme aus Hirschknochen.

Da auf dem Gelände an der Cappelstraße ein neues Wohngebäude entstehen soll, können die Zeugnisse Lippstädter Geschichte vor Ort nicht erhalten bleiben. Allerdings hat das Stadtmuseum Lippstadt bereits Interesse an einigen Fundstücken angemeldet, so dass – neben den Fundberichten, Vermessungsdaten und Fotos- auch originale Objekte das Leben der frühen Lippstädter erfahrbar machen werden.

    Nach einer Pressemitteilung des LWL.

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