Nördlingen – Tod zwischen Hühnereiern

Nördlingen: Leiche entsorgt auf dem Boden einer ehemaligen Speichergrube.
Nördlingen: Leiche entsorgt auf dem Boden einer ehemaligen Speichergrube. Foto: Archäologiebüro Dr. Woidivh GmbH

Das Haushuhn findet während der Eisenzeit den Weg nach Mitteleuropa. Zunächst dürfte sein Status als exotisches Haustier im Vordergrund gestanden haben, denn bei den ältesten vereinzelten Knochenfunden lässt sich noch ein eher ausgeglichenes Verhältnis von Hähnen und Hennen erkennen. Erst gegen Ende der Eisenzeit scheint die Produktion von Eiern an Bedeutung zu gewinnen, wie das Spektrum der Hühnerknochen aus Manching verrät. Eierschalen haben sich nur selten erhalten. Ein Glücksfall war daher die Beobachtung von winzigen Eierschalenresten beim Schlämmen einer Bodenprobe aus einer Speichergrube bei Nördlingen. Die Analyse dieser kleinsten Schalenfragmente erfolgte an der Universität York in Großbritannien mittels »ZooMS« (­ (Zooarchaeology by Mass Spectrometry). Bei diesem Verfahren werden die Peptide einer organischen Probe mit einem Massenspektroskop gemessen; anhand ihrer charakteristischen Zusammensetzung lassen sich diese dann einer Tierart zuweisen. Der Abgleich mit modernen Referenzproben ergab, dass es sich bei den Schalen aus Nördlingen um Hühnereier handelt.

Der archäologische Kontext mit verkohlten Getreideresten und Knochen mit Schlachtspuren legt nahe, dass es sich um Küchenabfälle handelt. Die Reste waren in einer aufgegebenen Speichergrube entsorgt worden. Interessant ist, dass ein etwa neun Jahre alter Junge bäuchlings auf diesem Müllhaufen abgelegt worden war. Er litt an einer schweren Knochenentzündung im rechten Bein. Ein Schlag auf den Schädel hat seinen Tod herbeigeführt oder wurde ihm unmittelbar nach dem Tod beigebracht. Die 14C-Datierung seiner Knochen sowie das Keramikspektrum sichern eine Einordnung in das 4. / 3. Jh. v. Chr. ab. Somit stellt dieser ungewöhnliche Befund den bislang ältesten direkten Nachweis dafür dar, dass Hühnereier die eisenzeitliche Ernährung bereichert haben.

| J. F. Tolksdorf, M. Woidich, A. Grigat, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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