Akkulturation

Die Akkulturation bezeichnet allgemein die Annäherung und Angleichung von Menschen und ihrer Kultur an eine ihnen bis dahin fremde Kultur.

In der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie werden darunter vor allem zwei Prozesse verstanden, die beide auch als Romanisierung aufgefasst werden: zum einen in der späten Eisenzeit die Assimilierung der keltischen an die römische Kultur in Gallien, zum anderen in der Spätantike bzw. im Frühmittelalter die Adaption germanischer Stammesverbände an römische Verhältnisse (insbesondere bei den Franken in Gallien oder den #Langobarden in Oberitalien). Beide gelten mitunter als positive bzw. gelungene A.-Prozesse, von denen angenommen wird, dass sie anhand von Grabformen bzw. -beigaben nachgewiesen werden können. Von einigen Wissenschaftlern wird sogar die Meinung vertreten, dass die Zusammensetzung der Grabinventare auf Grad oder »Erfolg« der A. schließen lasse. Diese Verwendung des A.-Begriffes setzt voraus, dass beim Aufeinandertreffen zweier sich weitgehend »fremder« Kulturen bestimmte kulturell geprägte Gepflogenheiten der einen zugunsten derjenigen der anderen aufgegeben werden. Das kann so sein, doch in den meisten Fällen sind kulturelle Übernahmen und Austauschvorgänge wechselseitige Erscheinungen. Außerdem müsste diese Sicht ein erstes plötzliches Aufeinandertreffen zweier Kulturen postulieren, doch häufig handelt es sich wie bei Kelten und Römern um langfristige Nachbarschaften. Die Charakterisierung von Einflüssen als A. ist daher zunächst lediglich eine Beschreibung, während die Interpretation eine sorgfältige Analyse der jeweiligen Situation erfordert. Dabei wird oft der Kulturbegriff mit Ethnien gleichgesetzt, obwohl beides – angesichts der großen Mobilität in den betreffenden Zeiten – nicht zusammentreffen muss. Das wird bereits darin deutlich, dass die Bevölkerung Galliens zur Römerzeit als »Gallo-Römer« bezeichnet wird und dass Stammesverbände wie Franken oder Langobarden ethnisch, politisch und kulturell heterogen zusammengesetzt waren.

Autor: Dr. Susanne Brather-Walter