birituell

(engl. bi-ritual): Der Ausdruck beschreibt Kulthandlungen, meist im Rahmen von Bestattungssitten, die nach zwei verschiedenen Modi zur gleichen Zeit und am selben Ort abgehalten werden. Z.B. eine Kirche, in der nach armenischem und römisch-katholischem Ritus gefeiert wird.

Weitere Beispiele sind ein Friedhof, der von Vertretern zweier verschiedener Kulturgrupppen zeitgleich genutzt wird (z.B. das Gräberfeld von Trebur: Hinkelsteinkultur und Großgartacher Gruppe) oder römische Nekropolen, auf denen laut Vorschrift Säuglinge, die noch keine Zähne hatten, im Gegensatz zur üblichen Brandbestattung körperbestattet wurden. Letztere, u.a. von Plinius überlieferte, Sonderbehandlung scheint bereits bei den Etruskern Sitte gewesen zu sein und gilt wahrscheinlich auch für zugewanderte Bevölkerungsteile fremder Religionen oder Personengruppen, deren Todesart und -umstände, Beruf, Lebenswandel oder soziale Stellung (Randgruppen) in bestimmter Weise von der Norm abwichen. Auch Doppelbestattungen können b. Charakter haben, z.B. die sog. Egtved-Bestattungen der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur in Niedersachsen. In der Fachliteratur taucht gelegentlich auch der ähnlich verwendete Begriff »gemischtbelegt« auf. Als solche werden Gräberfelder bezeichnet, in denen zeitgleich und in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft sowohl brand- als auch körperbestattet wurde. Es gab sie z.B. in bandkeramischem Kontext, während der älteren Kaiserzeit in Norddeutschland und Dänemark, ab dem (späten) 3. Jh. im germanischen Gebiet und seit der Völkerwanderungszeit auch in England und den Niederlanden.

Autor: Prof. Dr. Joachim Wahl