Eigenkirche

Bezeichnet eine durch einen privaten Stifter errichtete und durch ihn oder seine Erben unterhaltene Kirche. Diese besitzrechtliche Institution kam in Europa im Frühen Mittelalter auf, sie ist zuerst im 7. Jh. im Frankenreich (Franken) belegt. Der Stifter bzw. seine Nachkommen sorgten dabei nicht nur für den Bau, die Ausstattung und den laufenden Unterhalt der Kirche, sondern auch für den Lebensunterhalt eines Priesters und eventuell weiteren Personals. Dafür behielten sie aber auch die Verfügung über die Kirche, deren Einkünfte, auch die Vergabe der Priesterstelle, als ob diese weltliches Eigentum wären.

Diese Verhältnisse konnten der Kirche natürlich nicht gefallen, weshalb es schon in der Karolingerzeit (Karolinger) zu Reformversuchen kam, deren Forderungen neben der Sicherung des Lebensunterhalts und der liturgischen Anforderungen auch eine Kontrolle des Klerikerpersonals durch Bischöfe enthielten. Nachdem die E. im 9.–10. Jh. noch weiter zunahmen, gelang es der Kirche dann bis zum 12. Jh. dieses Phänomen weitgehend unter Kontrolle zu bekommen.

Innerhalb des Deutschen Reiches führte die Stellung auch großer geistlicher Institutionen als E. von Herrscherfamilien, das E.-Recht des Kaisers über die Bischofskirchen zum sog. Investiturstreit, den letztlich das Papsttum mit dem Recht, die Bischöfe einzusetzen, für sich entschied. Ersatz bot den E.-Besitzern das sog. Kirchenpatronat, eine Förderung bestimmter Kirchen durch Stifter mit geringerem Eigentumsrecht, und nur noch einem Vorschlagsrecht für Priesterkandidaten, sowie die Umwandlung von Verfügungsrechten in Privilegien (Vortritt in der Kirche etc.).

Die Entstehung und Herkunft des E.-Phänomens ist umstritten. Eine Ableitung aus germanischen Rechtsvorstellungen ist möglich, aber auch eine Reaktion auf allgemeine organisatorische Unzulänglichkeiten der Kirche, die in der frühen Missionsphase auf diese Art von Privatinitiative angewiesen war.

Autor: Martin Baumeister