Forschungsstelle Asia Minor dokumentiert Zustand der Kulturdenkmäler im Erdbebengebiet der Türkei

Eine der drei Säulen am Karakuş genannten Grabhügel (r.), in dem Angehörige des kommagenischen Königshauses im späten 1. Jahrhundert v. Chr. bestattet wurden, ist während des Erdbebens in der Südosttürkei umgestürzt. Das linke Bild zeigt die noch aufrechtstehende Säule.
Eine der drei Säulen am Karakuş genannten Grabhügel (r.), in dem Angehörige des kommagenischen Königshauses im späten 1. Jahrhundert v. Chr. bestattet wurden, ist während des Erdbebens in der Südosttürkei umgestürzt. Das linke Bild zeigt die noch aufrechtstehende Säule. Copyright:Mehmet Alkan / Forschungsstelle Asia Minor

Gefährdetes Kulturerbe sichern

Die Bilder von den schweren Erdbeben in der Südosttürkei am 6. Februar sind erschütternd. Das Ausmaß der Verwüstungen lässt sich nach gut zwei Monaten immer noch nicht absehen. Tausende Menschen sind ums Leben gekommen. Angesichts der akuten humanitären Katastrophe standen Fragen des Kulturgüterschutzes bislang im Hintergrund. Bereits jetzt ist klar, dass die Erschütterungen an zahlreichen antiken und mittelalterlichen Monumenten erhebliche Schäden angerichtet haben. Mit dem Projekt „Cultural Heritage in Danger“ („Kulturerbe in Gefahr“) wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Forschungsstelle Asia Minor der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster die lokalen Behörden dabei unterstützen, den Zustand der Kulturdenkmäler in der Provinz Adıyaman zu dokumentieren.

Die Stadt Adıyaman und die gleichnamige Provinz, die sich nördlich von Gaziantep zwischen Euphrat und Taurusgebirge erstreckt, zählt zu den am stärksten betroffenen Regionen des Erdbebens. Verheerende Schäden sind im Stadtgebiet von Adıyaman, aber auch in den Kreisstädten und Dörfern der Provinz entstanden. Tausende Menschen haben dort ihr Leben verloren. Aus historisch-archäologischer Perspektive ist die Provinz Adıyaman vor allem für die Monumente des späthellenistischen Königreichs Kommagene international bekannt. In der Region befinden sich zahlreiche Denkmäler des wichtigsten kommagenischen Königs, Antiochos I. (69 bis circa 36 v. Chr.), zu denen auch der Grabhügel von Karakuş zählt. „Wir wollen die Expertinnen und Experten sowie die lokalen Behörden bei der Bestandsaufnahme der Schäden unterstützen“, erläutert Prof. Dr. Engelbert Winter von der Forschungsstelle Asia Minor. „Damit sollen die Grundlagen für die Planung konkreter Maßnahmen zur Restaurierung und zum Schutz beschädigter oder bedrohter Monumente verbessert werden“, fügt Prof. Dr. Michael Blömer von der Forschungsstelle Asia Minor hinzu. Dazu wird den lokalen Kultureinrichtungen eine umfangreiche Dokumentation der Kulturdenkmäler in der Region digital zur Verfügung gestellt. Diese wurde in den 1950er-Jahren in Münster erstellt und seitdem kontinuierlich weitentwickelt. Dadurch ist eine bessere Erkennung der Schäden möglich und zukünftige Restaurierungsarbeiten werden erleichtert.

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Das von der „Gerda Henkel Stiftung“ geförderte Projekt startet Anfang Juni und hat eine Laufzeit von sieben Monaten. Für die Durchführung ist Mitarbeiterin Dilek Çobanoğlu verantwortlich, die seit 2003 eng mit der Forschungsstelle Asia Minor verbunden ist. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres mit einer zweitägigen Veranstaltung vor Ort präsentiert werden.

Zum Hintergrund

Die Forschungsstelle Asia Minor ist seit Jahrzehnten auf die Erforschung der Südosttürkei spezialisiert. Als führende internationale Forschungseinrichtung für die Provinz Adıyaman arbeiten die Münsterschen Experten mit lokalen Museen, Forschern und Behörden zusammen. Seit 1997 untersucht die Forschungsstelle Asia Minor unter anderem die Hinterlassenschaften der antiken Stadt Doliche nahe der türkischen Metropole Gaziantep. Das Grabungsgebiet des Forschungsprojekts und das Grabungshaus, in dem die Wissenschaftler während der Grabung wohnen, befinden sich nur wenige Kilometer entfernt von dem Epizentrum der schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien.

Nach Pressemitteilung der Universität Münster