Juristen benutzten Schafsfell als Anti-Betrugsmittel

Juristen benutzten jahrhundertelang Schafsfell als Anti-Betrugsmittel, um Betrüger davon abzuhalten, den Leuten das Fell über die Ohren zu ziehen, zeigt eine Studie.

Experten haben die Tierarten identifiziert, die für britische Rechtsdokumente aus dem 13. bis 20. Jahrhundert verwendet wurden, und haben herausgefunden, dass sie fast immer auf Schafsfell und nicht auf Ziegen- oder Kalbsleder-Pergament geschrieben wurden.
Dies könnte daran liegen, dass die Struktur des Schafsfells Versuche, Text zu entfernen oder zu verändern, offensichtlich machte.

Schafe lagern Fett zwischen den verschiedenen Schichten ihrer Haut ein. Bei der Pergamentherstellung wird die Haut in Kalk getaucht, was das Fett herauszieht und Hohlräume zwischen den Schichten hinterlässt. Versuche, die Tinte abzukratzen, würden dazu führen, dass sich diese Schichten ablösen – bekannt als Delamination – und einen sichtbaren Makel hinterlassen, der jeden Versuch, die Schrift zu verändern, hervorhebt.

Fotografie des Pergaments aus Schafsfell. Zu sehen ist das aufgeklappte Dokument, handschriftlich beschrieben und mit drei Siegeln am Ende des Textes versehen.
Pergament, das im Rahmen der Studie analysiert wurde (Credit: Dave Lee).

Schafsleder hat einen sehr hohen Fettgehalt, der bis zu 30 bis 50 Prozent beträgt, im Vergleich zu 3 bis 10 Prozent bei Ziegenleder und nur 2 bis 3 Prozent bei Rinderleder. Folglich ist die Möglichkeit, diese Schichten durch Schaben abzulösen, bei Schaffellen wesentlich größer als bei denen anderer Tiere.
Die fortgesetzte Verwendung von Schafsfell gegenüber Ziegen- oder Kalbsfell in späteren Jahrhunderten wurde wahrscheinlich durch die größere Verfügbarkeit und die niedrigeren Kosten beeinflusst.

Die Arbeit wurde von Wissenschaftlern der Universität von Exeter und der Universitäten von York und Cambridge durchgeführt.
Dr. Sean Doherty, ein Archäologe von der University of Exeter, der die Studie leitete, sagte: „Juristen waren sehr auf Authentizität und Sicherheit bedacht, wie wir an der Verwendung von Siegeln sehen. Aber es sieht jetzt so aus, als ob sich diese Sorge auch auf die Wahl der Tierhaut erstreckte, die sie verwendeten.

Weil sie so langlebig sind, überleben Millionen von alten juristischen Dokumenten in britischen Archiven und Privatsammlungen, aber sie werden oft vernachlässigt, weil sie angeblich keinen historischen Wert haben. Viele wurden im 20. Jahrhundert weggeworfen, verbrannt oder sogar zu Lampenschirmen umfunktioniert, nachdem der Land Registry Act von 1925 bedeutete, dass sie nicht aufbewahrt werden mussten.

Bisher war so wenig über diese Dokumente bekannt, dass viele fälschlicherweise als Pergament aus Kalbsleder katalogisiert wurden, obwohl sie in Wirklichkeit aus Schafspergament gefertigt waren.

Dr. Doherty sagte: „Der Text, der auf diesen Dokumenten geschrieben ist, wird oft als von begrenztem historischen Wert angesehen, da der Großteil von formelhaften Rubriken eingenommen wird. Moderne Forschungstechniken bedeuten jedoch, dass wir jetzt nicht nur den Text lesen können, sondern auch die biologischen und chemischen Informationen, die in der Haut aufgezeichnet sind. Als physische Objekte sind sie ein außerordentlich molekulares Archiv, durch das Jahrhunderte von Handwerk, Handel und Tierhaltung erforscht werden können.“

Überlieferte Texte deuten auf die Verwendung von Schafsfellen als Mittel zur Betrugsbekämpfung hin. Der Text Dialogus de Scaccario aus dem 12. Jahrhundert – verfasst von Richard FitzNeal, Lord Treasurer während der Regierungszeit von Heinrich II. und Richard I. – weist die Verwendung von Schaffell für königliche Konten an, da „sie sich nicht so leicht ausradieren lassen, ohne dass der Makel sichtbar wird“.

Im 17. Jahrhundert, als Papier noch weit verbreitet war, schrieb der Oberste Richter Sir Edward Coke über die Notwendigkeit, juristische Dokumente auf Pergament zu schreiben, „da die Schrift darauf am wenigsten anfällig für Veränderungen oder Korruption ist“.

Professor Jonathan Finch von der Abteilung für Archäologie an der Universität von York sagte: „Was unsere Forschung zeigt, ist, dass es ein ausgeklügeltes Verständnis für die Eigenschaften verschiedener Produkte gab und dass diese ausgenutzt werden konnten. Im Fall des Schafsfell-Pergaments wurden seine Eigenschaften genutzt, um Betrug durch die heimliche Veränderung wichtiger juristischer Dokumente zu verhindern.

„Die Struktur der Haut zeigte deutlich jeden Versuch, den Originaltext zu löschen oder zu verändern. Der Erfolg dieser Studie eröffnet neue Möglichkeiten bei der Untersuchung von Tierprodukten im historischen Zeitraum.“

Die Forschungsarbeit ist in der Zeitschrift Heritage Science veröffentlicht und trägt den Titel: „Scratching the Surface: the use of sheepskin pergament to deter textual erasure in early modern legal deeds“.

Nach einer Pressemeldung der University of Exeter

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