Prachtvolles Schmuckstück der Merowingerzeit

Aus Thüringen liegen bislang nur wenige prunkvolle silbertauschierte Schmuckstücke der Merowingerzeit vor. Sie stammen in der Regel aus reich ausgestatteten Gräbern. Umso spannender war die Fundmeldung eines ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegers an das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA) über eine Scheibenfibel, die oberflächennah in der Flur Hardisleben. Lkr. Sömmerda geborgen wurde. Das Zierscheibe hat einen Durchmesser von 6 cm, das Stück wiegt rund 115 g. Die stark korrodierte Oberfläche ließ keine Verzierung erkennen, das Röntgenbild dagegen zeigte ein filigranes Tierstilornament, das in den Restaurierungswerkstätten des Landesamtes akribisch freigelegt wurde.

Scheibenfibel der Merowingerzeit
Schauseite der Fibel aus Hardisleben. Foto: J. Hägele-Masnick, TLDA, Weimar

Das fertig restaurierte Stück stellt sich als silbertauschierte Prunkscheibenfibel mit komplexer Konstruktion dar. Ihr Grundkörper besteht aus einer Bronzedose, auf deren Unterseite der Nadelapparat befestigt ist. Eine eiserne Scheibe verschließt den Hohlraum der Dose. Beide Teile sind über einen Niet im Zentrum des Zierkreises miteinander verbunden. Der Niet hält gleichzeitig einen bronzenen Zierbuckel, an dessen unterem Rand ein tordierter Silberdraht angelötet ist. Dabei sitzt der Nietkopf in der zentralen Vertiefung des Buckels und wird von einem Goldriffelblech und einem Almandinplättchen überdeckt. Um diesen zentralen sind vier weitere gleichartig gearbeitete Zierbuckel angebracht, die auf der eisernen Zierscheibe befestigt sind.

Ihre kreuzförmige Anordnung teilt die Schauseite in vier gleichartig verzierte Musterfelder. Jedes zeigt ein stark abstrahiertes Fabelwesen im entwickelten Tierstil II. Auge und Kiefer des Vierbeiners sind gut erkennbar, der Körper dagegen als in sich verschlungene Linie dargestellt. Im Gegensatz zur klassischen Linientauschierung ist die Musterdarstellung beim vorliegenden Stück umgekehrt: Die Konturlinien der dargestellten Tierfiguren wurden erhaben stehen gelassen, die umgebenden Musterfelder ausgearbeitet und mit einer flächigen Silberauflage versehen. In die Konturen ist zudem ein schmaler Messingdraht tauschiert.

Drittes Gräberfeld der Merowingerzeit in Hardisleben?

Der verwendete Tierstil datiert die Fibel in die zweite Hälfte des 7. Jh. Das für Mitteldeutschland bislang einmalige Stück wurde mit Sicherheit nicht in Thüringen gefertigt. In der Gemarkung Hardisleben sind bereits zwei Gräberfelder des 6./7. Jh. bekannt, der Neufund stammt jedoch von einer anderen Stelle. Eine Nachsuche erbrachte im Umkreis von nur einem Meter um die Fundstelle drei Gürtelbeschläge gleicher Zeitstellung. Offenbar liegt in der Dorfflur ein drittes merowingerzeitliches Gräberfeld mit zumindest einer reich ausgestatteten Grablege.

Mit freundlicher Genehmigung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Thüringen

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