Wein oder Wasser? – Die Fürstengruft zu Rudolstadt, Lkr. Saalfeld-Rudolstadt

Die in situ befindlichen Steinzeugflaschen mit wässrigem Inhalt.
Die in situ befindlichen Steinzeugflaschen mit wässrigem Inhalt. Foto: Th. Queck, TLDA, Weimar

In der Rudolstädter Stadtkirche St. Andreas fand ein Teil der Familie der Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt seine letzte Ruhe. Seit 1574 war Rudolstadt Residenzstadt und gleichzeitig Verwaltungssitz eines Kleinstaates. Die 1605 unter Graf Albrecht VII. (1537–1571) errichtete Fürstengruft befindet sich in einem der ältesten Teile der Stadtkirche. Der tonnengewölbte östliche Raum der Fürstengruft gehört sehr wahrscheinlich zu einem Vorgängerbau der bereits 1217 als Pfarrkirche erwähnten heutigen Stadtkirche. Als architektonischer Hinweis auf eine frühe Datierung kann eine zugesetzte Fensteröffnung gelten, die in die Spätromanik datiert. Allerdings haben zahlreiche Umbaumaßnahmen zur erheblichen Überformung des Raumes geführt, den heute Reste einer spätbarocken Ausmalung dominieren. Durch eine geplante Fußbodensanierung ergab sich für das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA) die Möglichkeit, Einblick in die Baugeschichte der Kirche zu gewinnen.

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Der rechteckige Grundriss der Gruft von 6,20 × 3,40 m wurde in vier Flächen aufgeteilt, die jeweils bis 0,40 m abgetieft wurden. Diese Tiefe bildet die Unterkante des neu aufzubauenden Fußbodens, allerdings reichte sie nicht aus, die homogene Auffüllschicht zu durchstoßen, die sich unterhalb des in Ziegelsteinen ausgeführten Fußbodens befand. Neben zahlreichen stark fragmentierten menschlichen Skelettresten fanden sich in der Schicht vollständige, in sekundärer Lage befindliche Schädel und Langknochen sowie Stuckreste und Keramikscherben. Die Keramik datiert vom hohen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit, was wie die menschlichen Skelettreste für eine sekundäre Verlagerung des Fundmaterials spricht.

Beim Anlegen eines Planums in Höhe des ehemaligen Begehungshorizontes zeigten sich ein annähernd quadratischer Befund von 0,30 × 0,30 m und ein kreisförmiger Befund mit einem Durchmesser von 0,35 m. Die Freilegung des sich im Planum zeigenden quadratischen Befundes erbrachte eine Grube mit vier Steinzeugflaschen. Sie enthielten jeweils eine wässrige Flüssigkeit, deren genaue Analyse noch aussteht. Der kreisförmige Befund offenbarte sich ebenfalls als Grube, in die eine 0,50 m hohe Steinzeugvase mit Punktdekor aus dem 18. Jh. gestellt war. Die beiden Fundkomplexe sind bislang keinem der 18 barocken Särge der Fürstengruft zuzuordnen.

Mit freundlicher Genehmigung des Thüringischen Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie

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