Himmelsscheibe von Nebra: 10. Jahrestag der Aufnahme in das Weltdokumentenerbe

Mit der Himmelsscheibe von Nebra birgt die Sammlung des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle (Saale) einen archäologischen Fund von Weltgeltung. Die mehr als 3.600 Jahre alte Bronzescheibe mit Goldapplikationen zeigt die älteste bekannte Darstellung kosmischer Phänomene. Aufgrund ihrer Bedeutung wurde sie am 18. Juni 2013 in das UNESCO-Dokumentenerbe ›Memory of the World‹ aufgenommen.

Himmelsscheibe von Nebra.
Himmelsscheibe von Nebra. Foto: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Juraj Lipták.

Die weltberühmte Himmelsscheibe von Nebra, im Juli 1999 auf dem Mittelberg von Sondengängern entdeckt und illegal ausgegraben, konnte im Februar 2002 im Rahmen einer spektakulären Lockvogelaktion unter Mitwirkung des Landesarchäologen von Sachsen-Anhalt Harald Meller durch die Schweizer Polizei sichergestellt werden.

Die Himmelsscheibe wurde um 1600 vor Christus zusammen mit ihren Beifunden – zwei Schwertern, zwei Beilen, zwei Armspiralen und einem Meißel – auf dem Mittelberg vergraben. Sie vereint regional vorhandenes, vermutlich aus Babylonien stammendes astronomisches Wissen und Materialien aus unterschiedlichen Regionen Europas: Kupfer aus dem Alpenraum, Zinn und Gold aus Cornwall. Die Himmelsscheibe ist damit sowohl Zeugnis als auch Schlüssel zu einer lange vergangenen, aber dennoch erstaunlich vernetzten Epoche. Aufgrund ihrer Bedeutung als älteste Darstellung kosmischer Phänomene wurde die Himmelsscheibe 2013 in das ›Memory of the World‹-Register der UNESCO aufgenommen. Sie ist damit in bester Gesellschaft, zum Weltdokumentenerbe gehören etwa die Gutenberg-Bibel, Beethovens Neunte Sinfonie, das Nibelungenlied, die Goldene Bulle und seit 2023 auch der Codex Manesse und der Behaim-Globus. »Die Himmelsscheibe von Nebra ist nicht nur einer der wichtigsten Funde und Besuchermagneten im Landesmuseum. Sie ist Sachsen-Anhalts Mona Lisa, ein Fund von erheblicher Bedeutung für die Menschheit als Ganzes. Dies hat die UNESCO mit der Aufnahme in das Weltdokumentenerbe gewürdigt«, so Harald Meller, Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt.

Die Himmelsscheibe unterstreicht nicht nur die Bedeutung des Kosmos für die Menschheit, sie hat auch selbst die Erde bereits verlassen – zumindest als Kopie. Mit dem Astronauten Matthias Maurer flog eine Nachbildung der Himmelsscheibe zur Internationalen Raumstation ISS.

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In der Folge der Sicherstellung kam es nicht nur zu polizeilichen Ermittlungen und mehreren Gerichtsprozessen gegen die Raubgräber und Hehler, sondern auch zu umfassenden wissenschaftlichen Untersuchungen, in deren Fokus die Himmelsscheibe selbst, aber auch das kulturelle Umfeld standen, in dem sie vor mehr als 3.600 Jahren geschaffen wurde. Die Himmelsscheibe kann heute nicht nur als älteste Himmelsdarstellung der Welt und eines der am besten untersuchten archäologischen Objekte überhaupt gelten. Sie ist gleichzeitig ein Schlüsselfund, der grundlegende neue Forschungen zu einer ganzen Epoche der mitteleuropäischen Vorgeschichte, der frühen Bronzezeit (circa 2200 bis 1600 vor Christus), der Zeit der sogenannten Aunjetitzer Kultur, angestoßen hat.

Auf dem Weltdokumentenerbe ist die früheste Darstellung einer Schaltregel verschlüsselt abgebildet. Mit dieser Regel lassen sich Sonnen- und Mondkalender annäherungsweise in Einklang bringen. Die ältesten Kalendersysteme basieren auf der Abfolge der Mondzyklen und waren sogenannte Lunarkalender. Allerdings ist das Mondjahr etwas kürzer als das Sonnenjahr. Um zu verhindern, dass beispielsweise Feiertage deshalb durch das Jahr wandern, waren regelmäßige Anpassungen durch das Einfügen von Schalttagen oder Schaltmonaten notwendig. Diese einfache Erkenntnis stellt die Menschen bis heute in der Praxis vor große Probleme, da beide Zyklen nicht ganzzahlig umgerechnet werden können. Wir wissen heute, dass ein Sonnenjahr – also der Umlauf der Erde um die Sonne – ungefähr 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 45 Sekunden dauert. Der darauf basierende Sonnenkalender misst abgerundet 365 Tage und ist damit um 11 Tage länger als der Mondkalender.

Wollte man die kalendarischen Daten im Verlauf der Jahreszeiten beständig halten, mussten daher zusätzliche Monate oder Tage eingefügt werden. Wann das zu geschehen hatte, wurde erstmals vor über 3.600 Jahren auf der Himmelsscheibe von Nebra kodiert dargestellt. In dem von uns heute benutzten Kalender wird kein ganzer Schaltmonat mehr eingefügt, sondern lediglich alle vier Jahre ein zusätzlicher Tag im Februar. Das Bemühen, Mond- und Sonnenkalender in Einklang zu bringen, verbindet uns bis heute mit den Menschen der Bronzezeit.

Nach Pressemitteilung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

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