Diesjährige Ausgrabung am Ringheiligtum Pömmelte beginnt

Kulturstaatssekretär Dr. Schellenberger informiert sich über die Ziele und erste Ergebnisse der aktuellen Untersuchungen am Ringheiligtum Pömmelte.

Seit 2018 steht das Umfeld des Ringheiligtums von Pömmelte, des ›deutschen Stonehenge‹, im Mittelpunkt intensiver archäologischer Untersuchungen. Diese können dank der Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) sowie des Landes Sachsen-Anhalt auch im laufenden Jahr fortgesetzt werden. Die archäologischen Ausgrabungen erfolgen in Kooperation mit dem Salzlandkreis, der Kloster Bergesche Stiftung, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie der Universität Southampton und lassen weitere wichtige Erkenntnisse zur Kulturlandschaft an der Elbe erwarten.

Bereits die Untersuchungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das vor etwa 4.350 Jahren errichtete Ringheiligtum von Pömmelte und das nur wenig jüngere benachbarte Ringheiligtum von Schönebeck Elemente einer ausgeprägten Rituallandschaft waren. So konnte im letzten Jahr südöstlich des Ringheiligtums von Pömmelte ein monumentaler Grabbau der Baalberger Kultur (4.000–3.400 v. Chr.) komplett freigelegt werden. Aus der Zeit der sogenannten Schnurkeramischen Kultur (ab ungefähr 2.800 v. Chr.) stammt ein astronomisch orientiertes Grabengeviert vor dem östlichen Eingang des Ringheiligtums. Ein vergleichbares, etwas kleineres Geviert wurde im letzten Jahr am Ringheiligtum von Schönebeck an gleicher Stelle aufgedeckt. Aufwendige Grabanlagen und Gräberfelder von der Jungsteinzeit bis in die Bronzezeit ergänzen das Bild.

Das Luftbild zeigt die großflächige Grabungsfläche, die untersucht wird. Im Hintergrund ist das Ringheiligtum von Pömmelte, umgeben von Äckern, zu sehen.
Luftbild der Grabungsfläche südlich des Ringheiligtums von Pömmelte (Blick nach Nordosten). Credits: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Matthias Zirm.

Im Fokus der archäologischen Ausgrabungen des Jahres 2021 steht wieder die Siedlung vor den Toren des Ringheiligtums Pömmelte, die aufgrund ihrer enormen Ausdehnung bereits in den Vorjahren Aufsehen erregte. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht derzeit die Klärung des Verhältnisses dieser Siedlung zum Ringheiligtum. Mit etwa 80 vollständigen Hausgrundrissen und mehreren Dutzend weiteren, schlechter erhaltenen Bauten handelt es sich um die bislang größte Siedlung dieser Zeit in Mitteleuropa. Die ersten Häuser der Siedlung können anhand ihrer zigarrenförmigen Form der jungsteinzeitlichen Glockenbecherkultur (ab 2.300 v. Chr.) zugewiesen werden. Die meisten Gebäude stammen jedoch aus einer intensiven Siedlungsphase zwischen 2.200 und 2.000 vor Christus und gehören der ersten Phase der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur an. Diese Langhäuser folgen einem genormten Bauplan mit Eingang im Süden und gerundeter Schmalseite im Westen. Nur ein Grundriss weicht entscheidend davon ab: Er zeigt zwei halbrunde Abschlüsse. Am wahrscheinlichsten ist eine Zeitstellung in den Horizont ab 1.550 vor Christus, die Epoche unmittelbar nach der Niederlegung der Himmelsscheibe von Nebra.

In diesem Jahr soll bis zum 1. Oktober eine Gesamtfläche von ca. 24.000 m² untersucht werden. Schon nach zwei Grabungswochen zeichnet sich ganz im Süden der Fläche ein erstes nennenswertes Ergebnis ab: In diesem Bereich ist das Ende der Mega-Siedlung erreicht, das Team um Grabungsleiter Matthias Zirm hat hier keine Hausgrundrisse und Gruben mehr im Planum erfasst. Anhand weiterer Teilflächen im Osten und Westen des Ringheiligtums von Pömmelte soll die räumliche und zeitliche Ausdehnung der Siedlung geklärt werden. Das Grabungsteam des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt wird im Sommer erneut durch Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unterstützt. Eine Beteiligung englischer Studierender im Rahmen des eigens gegründeten European Henge Monument Network mit der Universität Southampton kann pandemiebedingt auch in diesem Jahr wohl nicht erfolgen.

Senkrechter Blick auf die Grabungsfläche. Die Pfostenkonstruktion eines Hauses ist an den dunkeln, runden Verfärbungen, die sich deutlich vom hellbraunen Boden absetzen, erkennbar.
Die Grabungsfläche im Siedlungsbereich südlich des Ringheiligtums. Im südöstlichen Bereich ist die Pfostenkonstruktion eines Hauses erkennbar. © Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Matthias Zirm.

Kulturstaatssekretär Dr. Gunnar Schellenberger, der sich über die Ziele und ersten Ergebnisse der diesjährigen Untersuchungen informierte, nutzte die Gelegenheit auch dafür, sich ein Bild von dem Baufortschritt des entstehenden Besucherzentrums am Ringheiligtum Pömmelte zu machen. »Die Fortsetzung der Erforschung der Rituallandschaft an der Elbe soll die Grundlage dafür bilden, die Region um Schönebeck langfristig als kulturtouristisches Ziel zu etablieren. Bereits das rekonstruierte Ringheiligtum Pömmelte, das ›deutsche Stonehenge‹ hat sich schnell zu einem touristischen Highlight und Anziehungspunkt für Besucher aus ganz Deutschland entwickelt. Dieses Potential soll in den kommenden Jahren weiter ausgeschöpft werden.«

Das an seinem originalen Standort wieder errichtete Ringheiligtum Pömmelte bildet seit seiner feierlichen Eröffnung am 21. Juni 2016 die nördlichste Station der Tourismusroute Himmelswege, die, ausgehend von der Himmelsscheibe von Nebra, Funde und Stätten von außergewöhnlicher archäologischer Bedeutung miteinander verbindet. Das »deutsche Stonehenge« erfreut sich größter Beliebtheit, gerade auch im letzten, durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Mobilitätsbeschränkungen geprägten Jahr. Die weit über die Region hinausweisende kulturhistorische Bedeutung des vorgeschichtlichen Monuments liegt insbesondere auch in dessen Analogie zum »echten« Stonehenge: Das Ringheiligtum Pömmelte hat nicht nur nahezu denselben Durchmesser und Aufbau wie die englische Anlage, es wurde auch von Vertretern derselben Glockenbecherkultur errichtet und ist ebenso wie Stonehenge Bestandteil und Zentrum einer über Jahrtausende bedeutenden Sakrallandschaft.

Nach einer Pressemeldung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt

Das könnte Sie auch interessieren!

Fürsten – Krieger – Heiligtümer

Die Aunjetitzer Kultur, benannt nach einem Fundort in Böhmen, prägt in der frühen Bronzezeit von 2200 bis 1600 v. Chr. das Zentrum Europas. Berühmte Funde sind die Fürüstengräber von Leubingen und Helmsdorf oder die Himmelsscheibe von Nebra. In den vergangenen 15 Jahren haben Ausgrabungen – erstmals auch in Siedlungen und Heiligtümern -, große Projekte, naturwissenschaftliche Methoden und neue Interpretationen unser Wissen über die Aunjetitzer Kultur entscheidend vorangebracht.

Obwohl die Himmelsscheibe von Nebra sicherlich als eines der am intensivsten erforschten archäologischen Objekte überhaupt gelten kann, boten die Vorbereitungen der Landesausstellung ›Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra – Neue Horizonte‹  jetzt die Gelegenheit zu neuen Untersuchungen.