Erste Opfer der Pest wurden einzeln und sorgfältig bestattet

In der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde Europa von einer großen Pandemie – dem Schwarzen Tod – heimgesucht, die zwischen 40% und 60% der Bevölkerung tötete. Spätere Pestwellen schlugen dann über mehrere Jahrhunderte hinweg regelmäßig zu. Die Pest tötet so schnell, dass sie keine sichtbaren Spuren am Skelett hinterlässt. Daher konnten Archäologen bisher keine Personen identifizieren, die an der Pest starben, es sei denn, sie wurden in Massengräbern bestattet.

Obwohl schon lange vermutet wurde, dass die meisten Pestopfer individuell bestattet wurden, konnte dies bisher nicht bestätigt werden.

Die Bildcollage zeigt drei Einzelbestattungen von Opfern der Pest. Alle drei Skelette sind fast vollständig in Takt. Die Leichen wurden liegend - mit dem Gesicht und Körper nach oben - bestattet, bei zwei der Toten wurden die Hände über dem Bauch gefaltet sowie der Kopf auf die Seite gedreht.
Bestattungen einzelner Individuen im Kapitelsaal des Augustinerklosters in Cambridge, die an der Pest gestorben sind (Credit: Cambridge Archaeological Unit).

Durch die Untersuchung von DNA aus den Zähnen von Personen, die zu dieser Zeit starben, haben Forscher des After the Plague-Projekts, das am Department of Archaeology der University of Cambridge angesiedelt ist, das Vorhandensein von Yersinia Pestis, dem Erreger der Pest, nachgewiesen. Dazu gehören Menschen, die auf einem Pfarrfriedhof und einem Kloster in Cambridge und im nahegelegenen Dorf Clopton normale Einzelbestattungen erhielten.

Hauptautor Craig Cessford von der University of Cambridge sagte: „Diese individuellen Bestattungen zeigen, dass selbst während der Pestausbrüche einzelne Menschen mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit bestattet wurden. Dies zeigt sich besonders im Kloster, wo mindestens drei solcher Personen innerhalb des Kapitelsaals bestattet wurden. Die Cambridge Archaeological Unit führte 2017 im Auftrag der Universität Ausgrabungen an diesem Ort durch.“

„Das Individuum in der Pfarrei All Saints by the Castle in Cambridge wurde ebenfalls sorgfältig begraben; dies steht im Gegensatz zu der apokalyptischen Sprache, mit der die Verlassenheit dieser Kirche im Jahr 1365 beschrieben wurde, als berichtet wurde, dass die Kirche teilweise ruinös war und ‚die Knochen der Toten den Bestien ausgesetzt sind‘.“

Die Studie zeigt auch, dass einige Pestopfer in Cambridge in der Tat Massenbestattungen erhielten. Yersinia Pestis wurde bei mehreren Gemeindemitgliedern von St. Bene’t’s identifiziert, die zusammen in einem großen Graben auf dem Kirchhof begraben waren, der von der Cambridge Archaeological Unit im Auftrag des Corpus Christi College ausgehoben wurde.

Dieser Teil des Kirchhofs wurde bald darauf dem Corpus Christi College übertragen, das von der St. Bene’t’s Pfarrgilde gegründet wurde, um der Toten zu gedenken, darunter auch der Opfer des Schwarzen Todes. Über Jahrhunderte hinweg gingen die Mitglieder des Kollegs jeden Tag auf dem Weg zur Pfarrkirche über das Massengrab.

Cessford schloss: „Unsere Arbeit zeigt, dass es nun möglich ist, Individuen zu identifizieren, die an der Pest starben und individuell bestattet wurden. Das verbessert unser Verständnis der Pest erheblich und zeigt, dass die Menschen selbst in den unglaublich traumatischen Zeiten vergangener Pandemien sehr bemüht waren, die Verstorbenen mit größtmöglicher Sorgfalt zu bestatten.“

Die Studie wurde im European Journal of Archaeology als Open-Access-Artikel veröffentlicht.

Nach einer Pressemeldung der Universität von Cambridge

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