Erste Skelettfunde auf der palauischen Insel Babeldaob, Mikronesien

Seit 2019 untersucht ein Team der Kommission für Archäolgie Außereuropäischer Kulturen des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) und der Christian-Albrechts-Universität Kiel die monumentalen Erdwerke Palaus. Babeldaob, die mit Abstand größte Insel des Archipels, wurde spätestens ab 500 v. Chr. im großen Stil menschlich überformt. Gewaltige Erdwerke, teilweise von dichtem Sekundärwald überwuchert, dominieren bis heute die Landschaft. Dies deutet auf eine einst zahlreiche, politisch gut organisierte Bevölkerung im heute sehr spärlich besiedelten Babeldaob.

Freipräparieren der Skelette im Erdwerk Ngerbuns el Bad.
Freipräparieren der Skelette im Erdwerk Ngerbuns el Bad. Foto: Deutsches Archäologisches Institut, CC-BY-NC-ND.

Neue Forschungen an den Erdwerken auf Badeldaob

Die Konstruktionstechniken und Funktionen der Erdwerke wurden 2020 anhand von geoarchäologischen Methoden untersucht. Es stellte sich heraus, dass die gewaltigen Anlagen zum größten Teil aus menschlich aufgetragenem Material – häufig mehrere Meter mächtig – bestehen. In den oberen Bereichen wurden fruchtbare Gartenböden aufgetragen; in vielen Bereichen ließen sich Pflanzgruben nachweisen. So ließ sich schlussfolgern, dass weite Bereiche der Anlagen für den Gartenbau genutzt wurden. Es blieb die Frage, welche Funktion die auffälligen Kronen der Erdwerke einst hatten.

Drohnenaufnahme des Fundortes Ngerbuns el Bad auf Babeldaob während der Ausgrabungen.
Drohnenaufnahme des Fundortes Ngerbuns el Bad auf Babeldaob während der Ausgrabungen. Foto: Deutsches Archäologisches Institut, CC-BY-NC-ND.

Die folgende Feldkampagne, die seit Mitte Oktober 2021 in nur kleinster Besetzung durchgeführt wurde, war deshalb der Untersuchung der Kronen gewidmet. Diese sind teilweise über 10 Meter hoch, mit steilen Seitenwänden und häufig einem umlaufenden Graben. Dies erschwert den Zugang zum obersten Bereich der Anlagen erheblich. Die Krone, die für die Untersuchungen ausgewählt wurde, ist Teil des Erdwerkes Ngerbuns el Bad im Staat Aimeliik. Es handelt sich bei der halbkugelförmigen Anlage um einen sehr prominenten Punkt in der Landschaft mit Sichtachsen zu den Kronen weiterer Erdwerke in der Nähe.

Einer der Testschnitte der letzten Kampagne wurde zentral auf der Krone angelegt. Hierbei wurde eine längliche Grube gefunden, die in Größe, Form, und Füllmaterial stark an eine Grabgrube erinnert. Menschliche Überreste wurden allerdings keine gefunden. Dies war nicht verwunderlich, da die stark sauren Böden der Insel Babeldaob Knochen schnell zersetzen. Trotz einer ganzen Reihe von Ausgrabungen in den letzten Jahrzehnten konnten nur einige Zähne und ein Langknochen gefunden werden. Aus diesen vereinzelten Skelettteilen war es unmöglich, Rückschlüsse auf Bestattungssitten innerhalb der Erdwerke zu ziehen.

Einzigartige Skelettfunde

Nun jedoch konnten in der Krone des Erdwerkes Ngerbuns el Bad in den letzten Wochen die Skelette von sechs Individuen freigelegt werden. Dies ist ein bisher einzigartiger Befund für die Insel Babeldaob, der großes Potenzial in sich birgt. Zum ersten Mal ist es möglich, die Orientierung, Lage und Körperhaltung der Bestatteten zu dokumentieren und mit heutigen traditionellen Bestattungssitten in Bezug zu setzen.

Aufgrund der recht gut erhaltenen Schädel besteht die Hoffnung, DNA-Analysen durchführen zu können. Dies ist ein wichtiger Aspekt, da komplette Skelette bisher nur auf den vorgelagerten kleinen Karstinseln (Rock Islands) Palaus gefunden wurden. Nun besteht erstmalig die Möglichkeit, zu untersuchen, ob sich genetische Unterschiede zwischen den Bestatteten in den Erdwerken von Babeldaob und den Toten aus den Kalksteinhöhlen der Rock Islands nachweisen lassen.

Pandanusmatte und Betelnuss auf einem der Skelette im Erdwerk bei der Wiederbestattung.
Pandanusmatte und Betelnuss auf einem der Skelette im Erdwerk bei der Wiederbestattung. Foto: Deutsches Archäologisches Institut, CC-BY-NC-ND.

Das Interesse der palauischen Öffentlichkeit an den Funden ist groß. Sowohl politische als auch traditionelle Würdenträger, aber auch Schulklassen und die palauische Presse haben den Weg nach Aimeliik und den steilen Anstieg auf die Krone nicht gescheut und den Fundplatz besucht. Letzte Woche waren die Skelettfunde die Schlagzeile der „Island Times“. Nach detaillierter Dokumentation und Beprobung der Gräber soll der Grabungsschnitt nun in den nächsten Tagen wieder verfüllt werden. Die Skelette verbleiben hierbei an Ort und Stelle. Doch nicht nur das – am 21. Dezember 2021 wurden die sechs Toten aus der Krone von Ngerbuns el Bad zeremoniell wiederbestattet. Nach den traditionellen Gesängen der Frauen des höchsten Klans von Aimeliik wurden sie mit gewebten Matten aus Pandanusfasern abgedeckt. Zu jedem Toten wurde eine in Blätter eingeschlagene Betelnuss gelegt, bevor die Matte mit Erde bedeckt wurde. So wurde den Toten nach Hunderten von Jahren erneut Respekt gezollt.

Die Skelette von Ngerbuns el Bad sind nicht nur ein einzigartiger Befund für die Insel Babeldaob, sondern die Wiederbestattung bildete auch einen passenden Abschluss einer erfolgreichen Feldkampagne.

Nach Pressemeldung des Deutschen Archäologischen Instituts

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