Comic-Style in der neuen Dauerausstellung der Archäologischen Staatssammlung

Prof. Dr. Rupert Gebhard, Leiter der Archäologischen Staatssammlung, und Comic-Künstler Frank Schmolke.
Prof. Dr. Rupert Gebhard, Leiter der Archäologischen Staatssammlung, und Comic-Künstler Frank Schmolke. Foto: Archäologische Staatssammlung

Bei der inhaltlichen Neugestaltung der Archäologischen Staatssammlung halten neben den archäologischen Objekten auch Comics Einzug ins Gebäude. Der Münchner Künstler Frank Schmolke illustriert die neue Dauerausstellung. Bei einem Presse-Atelierbesuch am 19. Januar 2023 gaben der Direktor des Hauses und der Künstler erste Einblicke in Konzept und Zeichnungen.

Als eingefleischten Comic-Fan gab es für Prof. Dr. Rupert Gebhard, leitender Direktor der Archäologischen Staatssammlung, keinen Grund, unterschiedliche Sparten nicht miteinander zu verweben. „Archäologie und Comics gehen in der neuen Ausstellung Hand in Hand.“ Indem eine assoziative Verbindung zwischen den jeweiligen Ausstellungsobjekten bzw. -Themen und Bildern entsteht, werden die Besucherinnen und Besucher emotional angesprochen sowie zu gedanklichen Zeitsprüngen zwischen Vergangenheit und Gegenwart angeregt. Damit ergänzen die Bilder das der Ausstellung zugrunde liegende Konzept des Ateliers Brückner, das vorsieht, die Räume nicht chronologisch, sondern thematisch anzuordnen.

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Künftig wird ein wiederkehrender Protagonist auf den Bildern die Gäste gleichsam durch die Ausstellung und damit durch die frühe Geschichte der Menschheit führen. Mit Frank Schmolke erhält die Archäologische Staatssammlung, die spätestens Anfang 2024 wiedereröffnet wird, ihre eigene Graphic Novel, wie sie aus der Belletristik als längere, abgeschlossene Bildgeschichte bekannt ist. Bildgeschichten sind nicht nur anschaulich und unmittelbar, sie fordern darüber hinaus eine mitspielend-deutende Rezeption, viel Offenheit, aber auch einen kritischen Blick. Mit den geplanten Bildern soll gerade auch ein jüngeres Publikum ins Museum gelockt und für das „Erlebnis Archäologie“ begeistert werden. Denn auch die Archäologie bzw. jeder einzelne Gegenstand erzählt eine Geschichte, Geschichten von unter der Erde.

Illustrator und Comiczeichner Frank Schmolke wird bis etwa Mai an den Bildern arbeiten und sich in enger Abstimmung mit den wissenschaftlichen Abteilungen Themen aus der Vorgeschichte, Römerzeit, Mittelalter und Neuzeit, Mittelmeersammlung und Numismatik widmen. Aktuell hat er bereits eine große „Schlachtenszene“ gezeichnet und ein Triptychon mit einer frühmittelalterlichen Bestattungsszene. Auf Social media wollen der Künstler und die Archäologische Staatssammlung gemeinsam alle paar Wochen Schulterblicke ermöglichen: Interessierte sollen so bereits im Vorfeld der Eröffnung Anfang 2024 eine kleine Vorstellung von dem erhalten, was sie künftig erwartet.

Konzept der künftigen Dauerausstellung

Eingefärbtes Bild: Schlachtenszene
Eingefärbtes Bild: Schlachtenszene. Foto: Archäologische Staatssammlung

Die Dauerausstellung ist in zwei sich ergänzende Rundgänge gegliedert, die den Besucherinnen und Besuchern auf ca. 1.300 Quadratmetern die Kulturentwicklung in Bayern von der Steinzeit bis zur Moderne vor Augen führen. Zugleich wird er/sie mit der Methodik der modernen Archäologie vertraut gemacht. Statt einer chronologischen Anordnung bilden die zwölf Ausstellungsräume dabei jeweils einen thematischen Schwerpunkt ab.

Auf der unteren Ebene befinden sich insgesamt sieben Räume inklusiv zweier Lichthöfe. Rundgang 1 ist eine Einführung in allgemeine Themen der Archäologie. Mit seinem starken Erlebnischarakter ermöglicht er ein Eintauchen ins „Abenteuer Archäologie“ und damit einen Einblick in die Arbeitsweise und Themen der Archäologie.

Raum 1 startet mit dem Thema „Der Mensch“, in dem es anhand weniger Exponate von der Steinzeit bis zur frühen Neuzeit um die Selbstreflexion des Menschen durch bildliche Wiedergaben seines Abbildes geht. Raum 2 widmet sich „Zeit und Kosmos“: Einer Zeitleiste folgend stellen Exponate den Ablauf der Zeit dar und zeigen die enge Verbindung zwischen kosmischen Phänomenen und der Zeiterfahrung und Zeiterfassung. Im ersten Lichthof werden am Beispiel eines mittelalterlichen Brunnenschachts (im Original wieder aufgebaut) vom Münchner Marienhof die Themen „wissenschaftliche Ausgrabung“ und „Münchner Stadtgeschichte“ miteinander verzahnt. Im nächsten Raum „Forschung“ wird gezeigt, mit welchen Methoden die moderne Archäologie Funde verschiedener Art analysieren kann. Im Zentrum steht ein von der Archäologischen Staatssammlung im Block geborgener und in jahrelanger Arbeit in den Restaurierungsateliers konservierter und wissenschaftlich ausgewerteter keltischer Grabfund (Otzing). Im folgenden Raum werden anhand von mehr als zwanzig großen Boden- und Hochvitrinen die Geschichten der dort ausgestellten Fundstücke erzählt. Der zweite Lichthof umfasst das große römische Mosaik von Westerhofen (Landkreis Eichstätt), das das luxuriöse Leben der römischen Oberschicht in der Provinz Raetien abbildet. Im letzten Raum begegnet der Besucher schließlich dem „Tod“ in seinen vielfältigen archäologischen Erscheinungsformen. Vertreten sind frühe menschliche Schädelbestattungen ebenso wie sog. Hockergräber, Brandgräber, Steinkistengräber und natürlich die berühmte Moorleiche von Peiting sowie neuzeitliche Grabbeigaben.

Rundgang 2 bildet die, durch Methoden der Archäologie darstellbaren Eckpunkte menschlicher Kulturgeschichte anhand thematischer Schwerpunkte ab: Diese sind weitestgehend chronologisch  angeordnet, bieten aber immer auch einen Ausblick auf jüngere Epochen bis hin zur Gegenwart. Der Rundgang unterstreicht zudem den Sammlungscharakter des Hauses: Großvitrinen sollen künftig immer wieder mit neuen Objekten gefüllt werden, um die Vielfalt der Funde aus ganz Bayern abzubilden und diesen gerecht zu werden. Die thematischen Schwerpunkte in der oberen Ebene des Rundgangs behandeln sämtliche Aspekte der menschlichen Existenz wie Wohnen und Ernährung, Besitz und Werte, Identität und Glaube. Ein eigener Raum befasst sich zudem mit der römischen Expansion im Gebiet des heutigen Bayern. Aus den reichen Beständen der Archäologischen Staatssammlung, die insgesamt mehrere Millionen archäologische Stücke umfassen, wurden hier mehrere tausend Objekte für die Präsentation ausgewählt.

Das gestalterische Konzept wurde zusammen mit Atelier Brückner entwickelt und inszeniert die Ausstellung im Untergeschoss als eine fortschreitende Aufdeckung archäologischer Grabungen; im Obergeschoss als eine Präsentation umfangreicher Fundmaterialien unterschiedlichster Art. Beim Besuch steht den Besucherinnen und Besuchern künftig auch ein Medienguide zur Verfügung. Für jüngere Zielgruppen ist zudem ein AR-Projekt geplant.

Der Comic-Künstler Frank Schmolke

Frank Schmolke, 1967 in München geboren, lebt mit Familie in der Nähe von München. Seit Ende der 1990er Jahre arbeitet er als freiberuflicher Illustrator, Maler und Comicautor. 2021 erschien die offizielle Graphic Novel zum Bestseller von Sebastian Fitzek „Der Augensammler“. „Mit „Nachts im Paradies“ ist Schmolke nicht nur einer der besten deutschsprachigen Comics dieses Jahres, sondern gleich dieses Jahrzehnts gelungen.“ (SZ 2019). Das Buch wurde mit Jürgen Vogel und Lea Drinda in den Hauptrollen als Serie adaptiert.

Zur Website des Künstlers geht es hier entlang.

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