Krieg oder Pandemie im Herzen von Altona?

Über die umfangreichen Untersuchungen im Schatten der Kirche St. Trinitatis in Altona, die an der ehemaligen Kibbelstraße gut erhaltene Keller freilegten, wurde bereits berichtet (AiD 6 / 2022, S. 55). Funde zeugen vom alltäglichen Leben, darunter auch wertigere Besitztümer, die wegen Bombenangriffen in den Kellern deponiert worden waren. Eine 1669 geprägte Silbermünze belegt das hohe Alter der Keller zurück bis zur Gründung der Kirche im Jahre 1650.

Hamburg-Altona. Kloake unter den Bestattungen auf dem Kirchhof.
Hamburg-Altona. Kloake unter den Bestattungen auf dem Kirchhof. Foto: ArchON Archäologiebüro Jan Bock/F. Kühle, J. Bock

Aktuell wird das Friedhofsareal zwischen der Kirche und den Kellern abschließend untersucht. Hier konnten bereits zahlreiche Skelette auf mehreren Ebenen dokumentiert werden. Dabei fand sich am Nordportal der Kirche ein Bereich, in dem offenbar unter großem Zeitdruck mehrere Dutzend Bestattungen unter die Erde gebracht worden waren: offenkundig ein Massengrab – das sich vorerst keinem historischen Ereignis zuordnen lässt. Alle Individuen werden noch vor Ort anthropologisch untersucht und anschließend zwecks Wiederbestattung zu einem modernen Friedhof verbracht. So besteht die Hoffnung, aufgrund pathologischer Merkmale Krankheiten zu erkennen und dann mithilfe der Geschlechts- und Alterszusammensetzung Aufschluss über den Hintergrund des ursächlichen Ereignisses – Krieg oder Pandemie – zu ­erhalten.

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Schließlich tauchten völlig unerwartet unter den Friedhofsschichten mehrere Kloaken auf, die schon aufgrund ihrer Lage und der Stratigrafie älter als der Kirchhof sein müssen. Sie enthielten umfangreiches keramisches Fundmaterial, das eine gute zeitliche Einordnung der Kloaken erlaubt und sie in die zweite Hälfte des 17. Jh. datiert. Es umfasst graue Irdenware in Form von Jütetöpfen aus Dänemark, Delfter Fayenceteller, Duinger und Westerwälder Steinzeug sowie bemaltes rotirdenes Geschirr lokaler Provenienz.
Aufgrund dieser Befunde in den ehemaligen Hinterhöfen der kirchenseitigen Häuser an der Kibbelstraße ist deutlich geworden, dass in der ersten Phase der Kirche zumindest an ihrer Nordseite noch kein Bestattungsareal existiert haben kann.

| J. Bock, Archäologisches Museum Hamburg/Helms Museum