Megalithgrab ohne Steine im Lkr. Emmendingen

Rheinhausen »Spöttfeld«. »Pseudomegalithische« Anlage mit einer knapp 3 m langen Grube und umgebenden Pfosten.
Rheinhausen »Spöttfeld«. »Pseudomegalithische« Anlage mit einer knapp 3 m langen Grube und umgebenden Pfosten. Foto: A. Groß

Dank der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Elisabeth Westermann wurde im Neubaugebiet »Spöttfeld« bei Rheinhausen-Oberhausen (Lkr. Emmendingen) im Jahr 2019 ein bemerkenswertes Ensemble aus der Jungsteinzeit dokumentiert. Erhalten war eine langschmale, von Pfosten umgebene Grube. Im Längsprofil war die ebene Sohle fast 3 m lang, 0,6 bis 0,9 m breit und an beiden Enden muldenförmig vertieft. Alle Befunde waren maximal 0,6 m tief.

Geborgen wurden neun Pfeilspitzen und ein Erntemesser vom Typ Egolzwil aus Silex: Eine kleine Beilklinge besteht aus Eklogit, wie er am Südhang des Monte ­Viso in Norditalien abgebaut wurde, eine größere aus Pelitquarz, vermutlich aus Plancher-les-Mines in den Südvogesen. Die dritte Beilklinge vom Typ Glis-Weisweil besteht aus Silex, wie er vom Lampenberg im Kanton Basel-Land bekannt ist. Ein Unikat ist die schmale, leicht gebogene, 26,1 cm lange, spitz zulaufende Klinge aus Grauwacke, wohl aus der Gegend bei Lutzelhouse im elsässischen Bruche-Tal, die an Spitzhacken aus Geweihsprossen erinnert. Neben einem möglicherweise als Keramikglätter verwendeten Kiesel wurde der untere Teil eines Tongefäßes gefunden.

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Der Befund erinnert an Grabanlagen Südwestdeutschlands, die in ihrem Aufbau Megalithgräbern entsprechen, aber nicht aus Steinen, sondern aus Holz bestanden. Es handelt sich um die bisher älteste datierte »pseudomegalithische« Struktur dieser Art – eine erst vor Kurzem durchgeführte 14C-Datierung der Bodenablagerung aus dem Gefäß ergab ein Alter von 4226 bis 4001 v. Chr. Dies bestätigt die stilistische Einordnung anhand des Glisbeils, der Pelitquarz-Klinge und der Keramik, deren Verzierung der Entzheimer Gruppe des frühen Jungneolithikums zugeordnet werden kann.

Alle Gegenstände wurden in funktions­fähigem Zustand deponiert und lassen sich mit der Ausstattung eines Mannes in Verbindung bringen. Glisbeile gelten als Attribut einer hervorgehobenen gesellschaftlichen Stellung, auch die langschmale Steinklinge könnte dafür stehen. Da keine Knochen gefunden wurden, bleibt offen, ob eine Bestattung oder ein Kenotaph – ein Scheingrab – vorliegt.
| G. Kuhnle, A. Groß, P. Pétrequin, U. Seidel, E. Marinova-Wolff, Landesamt für Denkmalpflege im ­Regierungspräsidium Stuttgart