Forscher zeichnen Lebenswege des Vittrup-Mannes nach

Forscher haben das Leben des als Vittrup-Mannes bekannten Steinzeitmenschen im Detail kartiert. Neue wissenschaftliche Methoden haben die Archäologie revolutioniert, und ein schwedisch-dänisches Forscherteam der Universität Göteborg konnten nun feststellen, dass der Vittrup-Mann, der in einem Moor in Dänemark gefunden wurde, zu Lebzeiten ein weites geografisches Gebiet durchwandert hat.

Der Vittrup-Mann wurde erstmals 1915 entdeckt. Sein Schädel war durch mindestens acht Schläge mit einem Knüppel gespalten worden, und sein Körper lag in einem Torfmoor in Nordjütland. Bis vor kurzem war dies alles, was man über ihn wusste. Heute wissen die Forscher, dass er vor seinem Tod um 3200 v. Chr. weit gereist war. Er muss ein interessantes Leben geführt haben.

Schädel des Vittrup-Mannes
Foto: Stephen Freiheit

„Er kommt aus dem Norden, aus einem relativ kalten Gebiet, und es muss ein Küstengebiet gewesen sein, denn die Nahrung, die er als Kind zu sich nahm, stammte aus dem Meer“, sagt der Archäologe Karl-Göran Sjögren, ein Mitglied des Forschungsteams.
Das Team glaubt, dass der Mann im heutigen Nordnorwegen aufgewachsen ist. Aber als er etwa 18 oder 19 Jahre alt war, landete er aus irgendeinem Grund in Dänemark. Dort änderte sich seine Ernährung von Fisch aus dem Meer zu Nahrungsmitteln aus der Landwirtschaft.

„Er lebte dann zehn bis zwanzig Jahre lang in einer Bauerngemeinde in Dänemark, bevor er starb. Er wurde brutal zu Tode geprügelt“, sagt Karl-Göran Sjögren.

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Ein internationales Archäologenteam hat Hunderte alter menschlicher Überreste analysiert, die in den Feuchtgebieten Europas gefunden wurden, und dabei festgestellt, dass diese „Moorleichen“ Teil einer jahrtausendealten Tradition waren. Die Menschen wurden von der Vorgeschichte bis in die frühe Neuzeit in Mooren begraben. Das Team fand auch heraus, dass die meisten der Toten, wenn eine Todesursache festgestellt werden konnte, ein gewaltsames Ende fanden.

Die Universität Göteborg führt weltweit führende archäologische Forschungen durch, bei denen neue wissenschaftliche Methoden eine zentrale Rolle spielen. Mit Hilfe von DNA-Analysen, Zahnsteinuntersuchungen und Isotopenanalysen können die Forscher völlig neue Erkenntnisse gewinnen.

Forscher analysierten den Zahnstein des Vittrup-Mannes

Die Forscher analysierten den Zahnstein des Mannes, um zu sehen, was er gegessen hat. Außerdem maßen sie verschiedene Isotope in seinen Zähnen und seinem Schädel, um seine Reisen und die Veränderungen in seiner Ernährung nachzuvollziehen.

„So konnten wir die geografische Entwicklung und die Ernährungsgewohnheiten dieses Menschen von der Geburt bis zum Tod verfolgen. Soweit wir wissen, ist dies das erste Mal, dass Forscher die Lebensgeschichte eines Menschen so detailliert und vor so langer Zeit darstellen konnten“, sagt der Archäologe Anders Fischer, Mitglied des schwedisch-dänischen Teams.

Die Studie wurde in PLOS ONE veröffentlicht und ist Teil einer größeren, kürzlich in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Studie, in der Forscher die Genome und die DNA der prähistorischen nordischen Bevölkerung untersucht haben. Die in Nature veröffentlichte Studie basiert auf der Analyse von DNA- und Ernährungsmarkern von 100 Zähnen und Knochenresten, die in Dänemark gefunden wurden. Der Vittrup-Mensch ist einer dieser 100 Menschen.

Anders Fischer erklärt, warum sich die Archäologen entschieden haben, das Leben dieses Mannes genauer zu untersuchen. „Sein Genom unterschied sich deutlich vom Rest der dänischen Steinzeitbevölkerung, und genetisch war er eng mit den heutigen Bewohnern der skandinavischen Halbinsel, dem heutigen Nordnorwegen und Schweden, verwandt. Deshalb haben wir uns entschlossen, seine Herkunft und Lebensgeschichte im Detail zu untersuchen“.

Die Forscher analysierten Sauerstoff- und Strontiumisotope aus den Zähnen des Vittrup-Mannes. Strontium ist ein Element, das in der Nahrung und im Wasser vorkommt und in der Kindheit von den Zähnen aufgenommen wird. Mit dieser Methode konnten die Forscher feststellen, dass das Strontium im Vittruper Mann nicht aus dem geografischen Gebiet stammt, in dem er tot in einem Moor gefunden wurde.

Aber die Fragen, wie er nach Dänemark kam oder warum er erschlagen wurde, sind immer noch unbeantwortet. Hier können die Archäologen nur spekulieren. In der Steinzeit muss die Reise vom heutigen Nordnorwegen nach Dänemark eine lange und beschwerliche gewesen sein. Sein anschließender brutaler Tod könnte darauf hindeuten, dass er geopfert wurde, so die Forscher.

Meldung der Universität Göteborg

Originalstudie:

Fischer A, Sjögren K-G, Jensen TZT, Jørkov ML, Lysdahl P, Vimala T, et al. (2024) Vittrup Man–The life-history of a genetic foreigner in Neolithic Denmark. PLoS ONE 19(2): e0297032. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0297032

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