Ein mittelalterlicher Bohlendamm in der Stralauer Straße

Foto: Landesdenkmalamt Berlin, M. Malliaris

Bei den bauvorbereitenden Ausgrabungen des Landesdenkmalamtes Berlin in Kooperation mit den archäologischen Fachfirmen pmp und Archäokontrakt wird derzeit eine der ältesten Straßen Berlins aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts freigelegt: ein mittelalterlicher Bohlendamm. Er liegt in unmittelbarer Nähe des historischen Molkenmarktes ca. 2,5 m unter der heutigen Geländeoberkante der Stralauer Straße. Das Bauwerk besteht hauptsächlich aus Kieferbohlen und –stämmen, aber auch Eichen- und Birkenholz. Seine außerordentlich gute Erhaltung verdankt der Bohlendamm einer mächtigen Torfschicht, die die Hölzer nahezu 800 Jahre lang luftdicht abdeckte. Es handelt sich um die früheste Befestigung der Stralauer Straße aus der mittelalterlichen Gründungszeit Berlins.

Anlass der bauvorbereitenden archäologischen Arbeiten ist die die Verlegung von Strom- und Gasleitungen im Rahmen des von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz (SenUMVK) betriebenen Straßenumbaus rund um den Molkenmarkt in Berlin-Mitte.

Das hölzerne, aus drei Lagen bestehende Bauwerk –leicht versetzt zur Flucht der Stralauer Straße- konnte bislang auf einer Länge von mindestens 50 m nachgewiesen werden. Die Breite des Dammes beträgt ca. 6 m. Die oberste Lage bilden entrindete Stämme, die dicht an dicht quer zur Fahrtrichtung liegen. Sie ruhen auf drei parallelen Balkenreihen in Längsrichtung des Dammes: an den Rändern und in der Mitte des Straßenquerschnitts. Der Unterbau besteht aus dicken, grob bearbeiteten Stämmen. Die beiden unteren Lagen waren schon im Mittelalter nicht sichtbar unter Füllsand verborgen. Fehlstellen der obersten Lage wurden mit Feldsteinen ausgefüllt. Eine erste dendrochronologische Probe eines Eichenbalkens aus der obersten Straßenlage ergab als Fälldatum des Baumes 1238 (+/- 10).

Die aufwändige hölzerne Befestigung der mittelalterlichen Stralauer Straße nahe der Spree war wegen des hier besonders nassen Untergrundes notwendig. Der Bohlendamm ermöglichte eine sichere Passage vom Mühlendamm in Richtung Stralauer Tor. Ungewöhnlich ist, dass sich auf den Hölzern nur geringe Spuren von Fuhrwerken o.ä. eingegraben haben. Möglicherweise wurden die Hölzer schon sehr bald nach ihrer Fertigstellung von weiteren Planierschichten und Straßenhorizonten, darunter eine steingepflasterte Straße, überlagert.

Die archäologischen Untersuchungen verfolgen das Ziel, Konstruktion und Ausdehnung der Straße genau zu erforschen und ihre Alter einzugrenzen. Alle Phasen der Konstruktion werden mit moderner Technik dokumentiert. Wegen der Verlegung der neuen Strom- und Gasleitungen wird der Großteil der mittelalterlichen Substanz zerstört werden. Ein Abschnitt des Bohlendammes soll mit allen drei Lagen geborgen und konserviert werden.

Der Bohlendamm des 13. Jahrhunderts unter der im Bau befindlichen Stralauer Straße macht 800 Jahre Straßenbautradition in der heutigen Metropole Berlin überdeutlich.

| Dr. Michael Malliaris, Landesdenkmalamt Berlin.

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