Ein Holzbrunnen des 9. Jahrhunderts und „Hunneschans Keramik“ aus Werne

In der großen runden Baugrube zeichnet sich oben rechts, am Rande der dunklen Verfüllung im Holzbrunnen, eine erste Bohle des Brunnenkastens ab.
In der großen runden Baugrube zeichnet sich oben rechts, am Rande der dunklen Verfüllung im Holzbrunnen, eine erste Bohle des Brunnenkastens ab. Foto: LWL-AfW Olpe/F. Geldsetzer

Große Fläche, kleine Schnitte, erstaunliche Ergebnisse

Auf einer 7,5 Hektar großen Fläche haben Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe (LWL) in Werne besondere Keramik und Reste von Holzbrunnen aus dem späten 9. Jahrhundert nach Christus gefunden.

Die Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen untersuchte das Areal, auf dem ein neues Wohnviertel entstehen soll, mit 27 kleineren Baggergrabungen auf archäologisch relevante Siedlungsreste.

Bereits bei der Aufstellung des Bebauungsplanes ließen die Lage in unmittelbarer Nähe zur Lippe, auf einem höhergelegenen Sandrücken, sowie die bereits bekannte Funde aus verschiedenen Epochen die LWL-Archäolog:innen aufmerksam werden.

Die Sondierungsarbeiten in mehreren Arealen brachten auch Siedlungsspuren zutage: Gräben, Gruben und vor allem ein Brunnenschacht mit erhaltenem Holz deuten auf mehrere, wohl frühmittelalterliche Hofstellen hin. Die Untersuchungen zeigen, dass der Holzbrunnen näher in diese Zeit datiert werden kann: Einen ersten Hinweis auf das Alter gaben jedoch schon mehrere vor Ort gefundene Scherben von Töpfen mit einem sogenannten „Hunneschans-Dekor“. Diese Keramiken zeigen eine kombinierte Verzierung aus Rollstempeleindrücken und roter Bemalung. Die Importgefäße aus dem Köln-Bonner Raum sind vor allem typisch für die letzten beiden Jahrzehnte des 9. Jahrhunderts n. Chr. und in Westfalen nicht besonders häufig.

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Unter dem heutigen Ackerboden kamen im Bereich des Brunnens aber auch überraschend gut erhaltenen Eichenhölzer des Brunnenkastens zutage. Diese 1,24 Meter langen, bis zu 37 Zentimeter breiten und gut neun Zentimeter dicken Spaltbohlen wurden zur Verschalung der Brunnenröhre verwendet.

Vier Brunnenhölzer wurden geborgen und direkt in das Labor für Dendroarchäologie der Universität zu Köln gebracht. Dr. Thorsten Westphal, Leiter des Labors: „Das kleinste Kantholz wurde glücklicherweise auch eingepackt, denn damit ließ sich dank erhaltenem Splintholz die Erbauungszeit des Brunnens genauer eingrenzen. Es konnte ein Fälldatum des Baumes von 867 +/- zehn Jahren ermittelt werden“, so der Kölner Experte. Damit fällt es in die Zeit, als das heutige Westfalen zum Reich Ludwigs des Deutschen gehörte.

Der aufgrund der Nähe zur Lippe sehr hohe Grundwasserspiegel hatte sogar kleinteiliges botanisches Material wie Blätter und kleine Ästchen in der Verfüllung des Brunnens erhalten. „Diese selten so gut konservierten Pflanzenreste sind für uns besonders spannend“, erläutert LWL-Archäologin Dr. Eva Cichy, die die Sondierungsmaßnahme leitete. „Gerade für das Frühmittelalter sind bisher nur wenige Erkenntnisse zu Ernährungsgewohnheiten und Wirtschaftsweise durch archäobotanische Untersuchungen gewonnen worden“, so Cichy.

Das vorhandene Material soll nun auch im Archäobotanischen Labor der Kölner Universität untersucht werden. Aufgrund der gut erhaltenen Siedlungsreste und der zusätzlich zu erwartenden Erkenntnisse sind nach Auffassung der Fachleute weitere Grabungen vor einer Bebauung des Areals unumgänglich.

Nach einer Pressemitteilung des LWL

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