Niedersachsen: Prähistorischer Verkehrsknotenpunkt im Moor

Seit drei Jahren wird die Moorenge im Teufelsmoor zwischen Gnarrenburg und Karlshöfen in einem Kooperationsprojekt der Kreisarchäologie Rotenburg (Wümme) und der Moor-Aarchäologe des Niedersächsischen Landesamts untersucht. Schon im späten 19. und frühen 20. Jh. hatten hier die Heimatforscher Hans Müller-Brauel und August Bachmann Wege und Räder aus Holz gefunden.

Aktuell wurden mindestens fünf Wegebauten mit teils bislang unbekannten konstruktiven Merkmalen aus der Zeit zwi-schen 2500 v. Chr. und 100 n. Chr. neu entdeckt. Der älteste Bau ist ein mit über 4 m ungewöhnlich breiter Pfahlweg der Jung-steinzeit, der um 2500 v. Chr. über das Moor führte. Spektakulär ist eine auf drei bis heute stabilen Pfeilerreihen gegrün-dete brückenartige Konstruktion der vorrömischen Eisenzeit, die in dieser Form bislang einzigartig ist. Nach Dendrodaten wurde sie um 400 v. Chr. errichtet und offenbar irgendwann später bewusst zer-stört. Ein 3 m breiter Sanddamm hat eine mehrschichtige hölzerne Unterkonstruktion; erste Dendrodaten weisen in die Zeit um Christi Geburt. Weitere unmittelbar daneben und darunter verlaufende Wegebauten sind noch nicht näher datiert. Äußerst ungewöhnlich ist auch die re-lativ große Zahl an Funden. Neben zwei hölzernen Schlegeln wurden das Frag-ment eines Rinderjoches, ein Wanderstab, mehrere Achsenfragmente und sechs Radbruchstücke geborgen. Es handelt sich größtenteils um Scheibenräder mit halb-mondförmiger Aussparung, wie sie für die späte Bronzezeit und die vorrömische Ei-senzeit typisch sind und in Niedersachsen bis zur Römischen Kaiserzeit belegt sind. Hinzu kommt ein verhältnismäßig filigra-nes Speichenrad. Da alle Fundstücke in einen Wirrwarr aus kreuz und quer liegen-den Bauhölzern, Stämmen und Ästen aus der Zeit um 400 v. Chr. und 100 n. Chr. ein-gebettet sind, ist die Datierung einzelner Artefakte noch unsicher. Die Mehrzahl der Holzartefakte dürfte jedoch in die vorrömische Eisenzeit gehören.

Zumindest die eisenzeitlichen und kai-serzeitlichen Wegebauten liegen heute als Folge von Torfschwund unmittelbar unter der Grasnarbe und sind in Teilen bereits zerstört. Ihre Erhaltung stellt die Denk-malpflege vor ein kaum lösbares Problem.

| M. Heumüller, S. Hesse, H. H. Leuschner, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege

AiD Heft 2/2021

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