Untersuchung von Schiffswracks auf dem Süderoogsand

Am 6. März fand eine Prospektion statt.

Wrackvermessung
Die Mitarbeiter vermessen eines der Schiffswracks. © Martin Hein

Infolge des Orkans Ende Februar 2022 sind auf dem Süderoogsand zwei hölzerne Schiffswracks freigespült worden, die von dem örtlichen Ranger des Nationalparks Wattenmeer Holger Spreer-Wree an das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) gemeldet wurden. Die Wrackpositionen waren bereits bekannt, allerdings ragten bisher nur die Spantenden aus dem Sediment. Da erfahrungsgemäß Wrackfundstellen im Wattenmeer durch Erosion, Tidenströmungen und Stürmen starken Veränderungen ausgesetzt sind, ist eine zeitnahe Dokumentation von großer Bedeutung.

Am ersten März-Wochenende lagen optimale Wind- und Wetterverhältnisse vor, um die Wrackfundstellen anzulaufen. Der Schiffsarchäologe Dr. Daniel Zwick übernahm im Auftrag des ALSH die Untersuchung der Schiffswracks, logistisch und organisatorisch unterstützt von Holger Spreer-Wree. Begleitet wurde die Fahrt von dem Fotografen Martin Hain, der mithilfe seiner Drohne auch Bilder aus der Luft machen konnte. Da der Süderoogsand in der Schutzzone 1 des Nationalparks Wattenmeer liegt und hier seltene Seevögel anzutreffen sind, konnte die Drohnenüberfliegung nur mit einer Sondergenehmigung stattfinden. 

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Um die Tidezeiten optimal auszunutzen, machte sich das Team am 6. März gegen vier Uhr nachts auf den Weg und lief mit Spreer-Wrees Arbeitsboot das südöstliche Ufer des Süderoogsands an, vor dem eine Stunde später der Anker geworfen wurde. Mit dem Beiboot fuhren sie in fast absoluter Dunkelheit in einen Priel ein. Die erste Station war das noch unbekannte Holzwrack in unmittelbarer Nähe zum Wrack der spanischen Bark ULPIANO von 1870. Mit ablaufendem Wasser kam im Morgenlicht das imposante Wrack frei, das über 25 m lang war. Vom Wrack waren noch der Kiel, viele Spanten bzw. Bodenwrangen und Sitzer, Teile der Beplankung und der Wegerung vorhanden. Sowohl der Vorsteven wie auch der Achtersteven hatten sich aus dem Verband gelöst und lagen neben dem Wrack. Auch hatte sich augenscheinlich von der Backbordseite ein Teil der Bordwand gelöst, die ca. 10 m weiter südlich verdriftet war.

Genauere Bestimmung der Herkunft der Schiffswracks folgt

Einige wichtige Details konnten beobachtet werden, wie z. B. die Sponung, in welche die Planken fast rechtwinklig in den Steven einliefen; ein Indiz für ein rundgattiges Fahrzeug. Rundgatts traten in Kombination mit plattbödigen Seeschiffen wie Smakken, Kuffen und Galioten auf und waren typisch für das Wattenmeer, da sie sich bei Ebbe leicht trockenfallen lassen konnten. Ob es sich um ein lokales Schiff handelte, kann zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht bestimmt werden. Einer groben Schätzung zufolge datiert das Wrack in das 18. oder 19. Jahrhundert. Eine genauere Bestimmung kann durch die dendrochronologische Datierung erfolgen. Dafür wurden einige Holzproben entnommen.

Das zweite der freigespülten Schiffswracks konnte gerade noch im letzten Moment bei auflaufend Wasser besichtigt werden. Genaugenommen handelt es sich hierbei um mindestens zwei Wrackteile, die noch nicht datiert und identifiziert wurden. Hier finden sich sowohl Brandspuren wie auch Abwrackspuren. 

Die Wrackstellen sollen im Rahmen eines Forschungsprojektes weiter ausgewertet werden.

Ein Jungferblock mit Püttingsbeschlag
Ein Jungferblock mit Püttingsbeschlag © Daniel Zwick

Weiterführende Literatur

Zwick 2021: D. Zwick, Archäologie in der Tidenzone – Die neuen Wrackfunde aus dem Nordfriesischen Wattenmeer. In: F. Huber (Hrsg.), Zeitreisen unter Wasser. Spektakuläre Entdeckungen zwischen Ostsee und Bodensee. Darmstadt 2021, S. 130-143. (PDF 9MB, Datei ist nicht barrierefrei)

D. Zwick, A late 17th-century ‘Double Dutch’ construction in the North Frisian Wadden Sea: The case of the Hörnum Odde wreck on the Island of Sylt, Germany (PDF 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)

Hier finden Sie eine Datenbank der niederländischen Kulturerbebehörde, auf der auch schleswig-holsteinische Wrackstellen mit weiteren Infos und Literaturangaben eingestellt sind.

Nach einer Pressemitteilung des Archäologischen Landesamts Schleswig-Holstein

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