Jungsteinzeitliche Moorsiedlung Hunte 1 – viel größer als gedacht

Hunte. Fluchtstangen zu beiden Seiten des Hunte-Kanals markieren eine bei älteren Grabungen freigelegte Palisade. Nahe der Straße, außerhalb der ­Palisade, wurden im Sommer 2022 ­weitere Spuren der Moorsiedlung entdeckt.
Hunte. Fluchtstangen zu beiden Seiten des Hunte-Kanals markieren eine bei älteren Grabungen freigelegte Palisade. Nahe der Straße, außerhalb der ­Palisade, wurden im Sommer 2022 ­weitere Siedlungsspuren entdeckt. Foto: CAU Kiel/ A. Heitmann

Ein in ganz Norddeutschland einmaliger und in archäologischen Fachkreisen berühmter Fundplatz ist die jungsteinzeitliche Moorsiedlung Hunte 1, die nördlich des Dümmer Sees im Niedermoor liegt. Zwischen 1938 und 1940 wurde hier unter Leitung des Archäologen Hans Reinerth eine 120 × 75 m große Siedlung ausgegraben. Damals legte man 24 Häuser frei, die von einer Palisade umgeben waren. Dank der besonderen Erhaltungsbedingungen im ständig wassergesättigten Niedermoor blieb ein Teil der Bauhölzer über 5000 Jahre erhalten. Knapp 40 000 Fundobjekte, Geräte aus Feuer- und Felsgestein, mehrere Tausend Keramikscherben, Hunderte Knochen-, Geweihartefakte und sogar Holzwerkzeuge und Schmuckstücke aus Bernstein zeugen vom täglichen Leben der Bewohner. Der Platz wurde am Ende des 4. Jt. und im 3. Jt. v. Chr. von Gruppen der Trichterbecherkultur, der Einzelgrabkultur und der Glockenbecherkultur offenbar wiederholt besiedelt.

Aktuelles aus der Landesarchäologie

Stets informiert – immer aktuell!

Direkt aus den Bundesländern

Berichte zu neuen Ausgrabungen und eindrucksvollen Funden der archäologischen Forschung in Deutschland finden Sie in jedem Heft unter der Rubrik »Aktuelles aus der Landesarchäologie«.

Im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Sonderforschungsbereich 1266 der Universität Kiel und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege wurde das Areal der Moorsiedlung im August und September 2022 erneut untersucht. Geophysikalische Untersuchungen zeigten Anomalien innerhalb und außerhalb des bekannten Siedlungsgeländes. Bei den Grabungen entpuppten sich diese Anomalien als hölzerne Pfähle. Damit ließen sich ungestörte Siedlungsschichten mit Pfählen, liegenden Bauhölzern und Funden lokalisieren, die sich weit über das bekannte Siedlungsareal hinaus in südwestliche und nordöstliche Richtung fortsetzen. Offenbar wurden bei den früheren Ausgrabungen keineswegs alle Baustrukturen entdeckt. Dass der mehrfach aufgesuchte Siedlungsplatz deutlich größer und komplexer war als bislang bekannt, zeigen auch neue Oberflächenfunde. Datierung, Analyse und Auswertung der Vermessungs- und Ausgrabungsdaten in Verbindung mit den Ergebnissen der Altgrabungen sind der nächste Schritt.

| M. Heumüller, J. P. Brozio, T. Wunderlich, Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege