Hohe Befunddichte bei Grabungen in Wolnzach

Grabung Wolnzach_Bestattungen_Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH
Fotos: Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH (Arbeiten am ehemaligen Friedhof, Bronzemedaillion Wolnzach)

Zahlreiche Überreste von Frühmittelalter bis Frühneuzeit stellte das archäologische Grabungsteam der Firma Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH bei einer Ausgrabung im Zuge der Erneuerung des Ortskerns von Wolnzach sicher. Scherben, Mauerreste, Bestattungen – aufgrund der zentralen Lage inmitten des Marktes, wies die Grabung eine sehr hohe und vor allem komplexe Fundsituation auf.

Für das Team um Grabungsleiter Tobias Riegg und Anthropologin Vera Planert gab es bei z. T. frostigen Bedingungen viel zu tun. Denn dort, wo der dicht belegte und hoch-komplexe ehemalige Friedhof am Fuße der Laurentiuskirche nicht vollständig konservatorisch überdeckt werden konnte, mussten die entsprechenden Bereiche händisch auf das erforderliche Niveau abgetragen werden. Reste von mehr als 100 Bestattungen wurden anthropologisch und bestattungsarchäologisch fachgerecht freipräpariert und dokumentiert. Dabei war stets darauf zu achten, den wissenschaftlichen Informationsverlust zu minimieren und die Effizienz der Ortskerngrabung zu optimieren. Durch die lange Laufzeit des Friedhofs – wohl vom Frühmittelalter bis ins 19. Jahrhundert – war es oft eine Herausforderung zu erkennen, welche Skelettteile zusammengehörten und wie ältere Gräber durch jüngere überlagert wurden.

 Interessant sind diese Bestattungen vor allem aus anthropologischer Sicht, die Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie in München könnte daraus wertvolle Erkenntnisse zum Beispiel über Krankheiten, Ernährung oder Verwandtschaftsverhältnisse der historischen Wolnzacher ziehen. Auch aus kultureller Sicht stellen Gräber eine wertvolle Forschungsgrundlage dar, konnten doch im Zuge der Ausgrabungen Kleidungsbestandteile wie Bronzeknöpfe, Schließhaken und Gürtelschnallen sowie Schmuck wie Glasperlen, Knochenperlen, Steinperlen, Bronzemedaillons und Bronzekreuze von Rosenkränzen sichergestellt werden. Ein pietätvoller Umgang mit den Verstorbenen war den Archäolog*innen dabei ebenso wichtig wie der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn. Viele der sterblichen Überreste werden in Absprache mit dem Landesamt und des Auftraggebers Markt Wolnzach in kirchliche Obhut für eine anschließende Beisetzung übergeben.

Bronzemedallion von der Ausgrabung in Wolnzach
Fotos: Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH (Arbeiten am ehemaligen Friedhof, Bronzemedaillion Wolnzach)

Zudem wurden während der archäologischen Maßnahme Reste der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bebauung dokumentiert, auch wenn deren Erhaltungszustand aufgrund der Bauarbeiten der vergangenen Jahrzehnte lokal stark differierte. Dazu zählten neben Resten der Friedhofsmauer auch gemauerte, teils unterkellerte kirchliche Marktbuden der Frühneuzeit, eine Vorratsgrube des späten Früh- oder Hochmittelalters und ein vermutlich mittelalterlicher, rundlicher Ofen sowie ein Brunnen der späten Frühneuzeit. Zu den insgesamt 232 bearbeiteten Befunden zählten außerdem vereinzelte Tierknochen, Keramikfragmente und ein Pfennig aus dem Jahr 1627.

Text: Lisa Schwarzmüller
Fotos: Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH (Arbeiten am ehemaligen Friedhof, Bronzemedaillion Wolnzach)

Nach einer Pressemitteilung der Pro Arch Prospektion und Archäologie GmbH

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