Neue Erkenntnisse zur monumentalen Klosterkirche Kaiser Ottos II. in Memleben

Grabungsareal 2022 während der Befunduntersuchungen (© Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Thomas Jäger).

Die ehemalige Kaiserpfalz und das von Otto II. gegründete und reich begüterte Benediktinerkloster von Memleben steht auch dieses Jahr im Mittelpunkt einer Lehr- und Forschungsgrabung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben sowie dem Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Hochschule Anhalt. Ausgehend von den Erkenntnissen der letztjährigen Untersuchungen wurde die Erforschung der monumentalen Kirche aus der Zeit der Klostergründung im 10. Jahrhundert fortgesetzt.

Das einstige Kloster Memleben an der Straße der Romanik gehört zu den bedeutendsten historischen Orten in Sachsen-Anhalt: Im Jahr 936 designierte König Heinrich I. an seinem Sterbebett seinen Sohn zum Nachfolger. Dieser, Otto der Große, verstarb 973 als Kaiser des Heiligen Römischen Reichs ebenfalls hier. Sein Sohn und Erbe Otto II. erhob Memleben zum Ort des Gedenkens an sein Elternhaus und gründete mit seiner Gemahlin Theophanu das erstmals 979 urkundlich erwähnte, reich ausgestattete Benediktinerkloster. Es zählte zu den wichtigsten und vornehmsten Klosteranlagen im ottonischen Herrschaftsgebiet. Bereits 1015 endete die Eigenständigkeit des Klosters: Heinrich II. unterstellte es als Probstei der Benediktinerabtei Hersfeld im heutigen Osthessen. Im 13. Jahrhundert wurde eine zweite Klosterkirche nordöstlich der ottonischen Klosteranlage neu errichtet. Zugleich wurde hier eine eindrucksvolle dreischiffige Hallenkrypta unter dem Ostchor angelegt. Kirche und Krypta gelten als herausragende Bauwerke der Spätromanik und sind bis heute in großen Teilen noch erhalten. Möglicherweise deutet der Neubau auf eine Fortführung der Tradition als Memorialanlage hin, die bereits eine erneute Blüte des Standorts unter Heinrich IV. in den 1080er Jahren erlebte und nun im 13. Jahrhundert fortgeführt wurde.

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Seit 2017 finden auf dem geschichtsträchtigen Gelände der Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben archäologische Lehr- und Forschungsgrabungen statt. Während sich die Arbeiten erst auf die Wirtschaftsareale und die Suche nach den ersten Klausurbereichen konzentrierten, rückt seit 2021 die monumentale Kirche aus der Zeit der Klostergründung im 10. Jahrhundert in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Die ungefähr 82 Meter lange und 39,5 Meter breite Monumentalkirche ist in ihrer Größe mit den erzbischöflichen Bauten in Magdeburg, Köln und Trier vergleichbar. Während punktuelle archäologische Maßnahmen im Laufe des 20. Jahrhunderts noch Raum für Unsicherheiten zur Architektur und Baugeschichte der Kirche offenließen, werden diese Wissenslücken durch die laufenden Untersuchungen geschlossen. Die Um- und Erweiterungsmaßnahmen des Vorgängerbaus einer dreischiffigen Basilika mit zwei Querschiffen sowie Ost- und Westchor konnten archäologisch dokumentiert werden. Zudem ließ sich auch das Niveau der östlichen Krypta nachweisen.

Ausgehend von diesen Erkenntnissen werden dieses Jahr bis zum 30. September großflächige Untersuchungen auf einer Fläche von 335 Quadratmetern durchgeführt. Sie erfassen die Nordhälfte des östlichen Querhauses, den Vierungsbereich, das anschließende Langhaus und Teile des Friedhofs nördlich und östlich des Bauwerks samt Bestattungen. Zu den erschlossenen beachtlichen Fundamenten gehört auch der Unterbau der nordöstlichen Nebenapsis, an dem das ehemalige, deutlich über der Sohle der verfüllten Krypta liegende Bodenniveau ansatzweise erhalten blieb. Hier fand sich zudem ein weiterer Fundamentzug bis zum Apsisscheitel, der auf bauliche Reaktionen in Folge statischer Unsicherheiten verweist. Unmittelbar hinter der Nordostecke der Kirche wurde der Fundamentzug eines abgetragenen Vorgängerbaus aufgedeckt, den Bestattungen überlagerten. Erstmals ist damit eine vorangegangene Belegung des Standorts im 10. Jahrhundert gefasst. Anstelle der hypothetisch rekonstruierten Pfeilerstellungen im Langhaus zwischen den Vierungen wurde ein geschlossener Fundamentzug beachtlicher Dimension als Sockelmauer für aufsitzende Pfeiler beziehungsweise Bögen angetroffen.

Nach Pressemeldung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.

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Memleben gehört als Standort einer ehemaligen Kaiserpfalz und wegen seines Klosters zu den bedeutendsten historischen Orten in Sachsen-Anhalt. Otto II., Sohn und Nachfolger von Otto dem Großen, gründete hier ein bedeutendes, reich ausgestattetes Benediktinerkloster, das seit 2017 im Fokus von Lehr- und Forschungsgrabungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Kooperation mit der Stiftung Kloster und Kaiserpfalz Memleben sowie dem Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Hochschule Anhalt steht. In diesem Jahr widmen sie sich erstmals der monumentalen Kirche aus der Zeit der Klostergründung im 10. Jahrhundert.

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