Die ältesten Pesttoten Österreichs identifiziert

Zwei junge erwachsene Männer haben sich in der Bronzezeit vor 4.000 Jahren mit dem Pesterreger infiziert. Das fand ein Forschungsteam unter Leitung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften bei der Untersuchung eines Gräberfelds in Niederösterreich heraus.
Doppelgrab einer 35–44-jährige Frau und eines 23–30 jährigen Mannes aus dem Gräberfeld in Drasenhofen, der vermutlich an Y. pestis verstarb
Doppelgrab einer 35–44-jährige Frau und eines 23–30 jährigen Mannes aus dem Gräberfeld in Drasenhofen, der vermutlich an Y. pestis verstarb. © ÖAW/Archaeprotect

Im Rahmen einer interdisziplinären Analyse der frühbronzezeitlichen Bestattungen in Drasenhofen wurden die ältesten Pesttoten Österreichs gefunden. Sie stammen aus der frühen Bronzezeit (ca. 2000 v. Chr.) und sind damit rund 4.000 Jahre alt. Bisher galten Funde aus dem Mittelalter als älteste Pesttote. Bei den nun identifizierten Pesttoten handelt es sich um zwei männliche Individuen, die im Alter von 23 bis 30 und 22 bis 27 Jahren gestorben sind. Sie wurden nicht weit voneinander in dem insgesamt 22 Gräber umfassenden Reihengräberfeld bestattet.

Zwei unterschiedliche Pesterreger

„Ihre Gräber befinden sich in Randlage, man war sich also vielleicht bewusst, dass sie an einer ansteckenden Krankheit verstorben sind“, sagt die Archäologin Katharina Rebay-Salisbury vom Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Die Ergebnisse der Studie hat Rebay-Salisbury, die auch an der Universität Wien forscht, gerade mit sechs weiteren Wissenschaftler:innen in der im Verlag der ÖAW erscheinenden Fachzeitschrift „Archaeologia Austriaca“ veröffentlicht.

Wie kam es zu der posthumen Pest-Diagnose? In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig wurden zunächst genetische Verwandtschaftsbeziehungen unter den Toten untersucht. Überraschenderweise erbrachten diese auch den Nachweis des Pesterregers „Yersinia pestis“. Proben wurden gezielt aus dem Inneren der Zahnkronen genommen, dahier Blutgefäße verlaufen, weshalb es möglich ist, Krankheitserreger zu detektieren, die sich zum Zeitpunkt des Todes des Individuums im Blut befanden.

Trotz der räumlichen und zeitlichen Nähe weisen die genetischen Analysen der beiden Toten zwei unterschiedliche Stämme von Pestbakterien nach. Es handelt sich also nicht um eine Infektion, die innerhalb der bronzezeitlichen Gruppe weitergegeben wurde, sondern um zwei unabhängige Infektionsereignisse.

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Mehr Männer als Frauen von Pest betroffen

„Anders als später im Mittelalter wurde die Pest eventuell nicht über Flöhe übertragen, da den frühen Pestbakterien wichtige genetische Eigenschaften dafür fehlten. Es könnte sich deshalb um andere Infektionswege wie zum Beispiel Tröpfcheninfektionen oder den Konsum von infiziertem Fleisch gehandelt haben“, sagt Rebay-Salisbury. Dass es zwei Männer sind, ist durchaus symptomatisch: „Wir beobachten in der Zusammenstellung aller bisher publizierten Pestopfer der späteren Urgeschichte in Eurasien, dass mehr Männer als Frauen an der Pest gestorben sind“, sagt Rebay-Salisbury. 27 männliche Tote stehen 11 weiblichen gegenüber.  Woran dieses Ungleichgewicht liegen könnte, muss noch erforscht werden.

Bei der Pest handelt es sich um eine sogenannte Zoonose, also eine Krankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Heutzutage sind vor allem Nagetiere davon betroffen, aber es ist durchaus möglich, dass in der Vergangenheit auch andere Spezies als Wirtstiere eine Rolle gespielt haben. Die Männer könnten Hirten gewesen sein, oder im Rahmen der Transhumanz bzw. Wanderweidewirtschaft, einer den Jahreszeiten folgende Begleitung von Herden auf Almen, den Pesterregern ausgesetzt gewesen sein. Ein Kontakt mit Wildtieren, etwa in Zusammenhang mit der Jagd, scheint möglich. Ebenso könnte die Teilnahme an Kriegszügen die Ausbreitung der Pest beschleunigt haben.

Nach Pressemitteilung der ÖAW

Älteste Nachweise der Pest in Mitteleuropa

Schwere und ansteckende Krankheiten gibt es seit Menschengedenken, besonders seit der Jungsteinzeit, in der Menschen und Tiere meist auf engen Raum zusammen wohnen. Durch die Analyse alten Erbgutes (DNA) an Skeletten wird unter anderem seit einiger Zeit dem Auftreten der Pest in Europa nachgegangen.

Eine erst kürzlich erschienene internationale Studie, in der 17 neue prähistorische Pestfälle (Yersinia pestis) von der Mongolei, Kasachstan und Russland bis nach Spanien vorlegt werden, enthält auch die bisher ältesten Nachweise für diese tödliche Krankheit in Mitteleuropa. Einer davon stammt neben einem etwa zeitgleichen Befund aus Tschechien aus Sachsen.