Spolie

(lat. spolium „Raub“ oder „Kriegsbeute“), ursprünglich bezeichnet der Begriff in römischer Zeit die dem Feind abgenommene und den Göttern dargebrachte Siegesbeute (Helm, Harnisch und Waffen). Später werden diese Beutewaffen in der griechischen und römischen Baukunst z.B. an Triumphsäulen oder –bögen auch auf Reliefs dargestellt. Daneben bezeichnet man als Spolien auch die von einem besiegten Gegner geraubten bzw. aus einem anderen Kulturzusammenhang entnommenen und bei einem Neubau wiederverwendeten Kunstwerke, Bauteile oder Schmuckelemente (Säulen- oder Kapitellreste, Teile von Reliefs oder Skulpturen, Friese und Architravsteine). Spolien in der Architektur können ohne künstlerische Absicht durch die Verwendung von Gebäuderuinen als Steinbruch für Neubauten verwandt werden, spätestens seit der Spätantike erlangen sie aber auch politische und religiöse Bedeutung und werden bewusst eingesetzt. Spolienimporte sollen Machtansprüche dokumentieren und die eigene Herrschaft legitimieren, Traditionen, Kontinuitäts- und Geltungsansprüche verdeutlichen (z.B. römische Tempelsäulen in frühchristlichen Kirchen) und können auch einen Reliquiencharakter besitzen. In vielen Fällen ist eine strikte Unterscheidung zwischen bewusster, politisch motivierte Aneignung fremden Kunstgutes und simpler Wiederverwendung (z.B. durch Mangel an Baumaterial bedingt) nicht möglich. Seit der Renaissance verliert der Einsatz von Spolien seine politische Dimension, sie werden nun als romantische Zitate und Versatzstücke gesammelt und verbaut.

Autor: Annegret Kotzurek